Farben als wichtige Ursymbole#
von Peter Diem
Vergleiche hierzu den Essay über Farbpsychologie von Susanne Hackl-Grümm
des Farbfernsehens und des farbigen Computerbildschirms nicht weiter betont zu werden.
Seit Beginn menschlicher Kultur diente die Farbe als unbewusst oder bewusst eingesetztes Unterscheidungsmerkmal, als Symbol, als Signal. Wir wollen dem Charakter der wichtigsten
Farben nachspüren: die Farben als Ursymbole, politische Symbole und Symbole mit spezifischer
Bedeutung in und für Österreich.
Die Farben in der Heraldik und ihre Darstellung
In der Heraldik wird nur eine beschränkte Zahl von Farben verwendet, die als Tinkturen bezeichnet werden und genauen Regeln unterliegen. Es werden hier nur jene Farben behandelt, die im Wappenwesen gebräuchlich sind. Farben sind in der Heraldik äußerst wichtig, da es zwar Wappen, Fahnen und Flaggen ohne Bilder gibt, aber niemals solche ohne Farbe.
Die heraldischen Wappenfarben sind:
Gold (= Gelb), Silber (= Weiß), Rot (Zinnoberrot), Blau (Kobalt- oder Ultramarinblau), Grün, Schwarz und Purpur (Karminrot). Braun ist erst in späterer Zeit als eigentlich unheraldische Farbe dazugekommen, soll aber hier wegen seiner Rolle im Nationalsozialismus mitbehandelt werden. Orange und die Fleischfarbe spielen ebenfalls nur eine geringe Rolle im Wappenwesen. In der Renaissance wurden die Wappenfarben oft auch mit den Planeten, mit den wichtigen Metallen und den Edelsteinen in Zusammenhang gebracht:
Rot = Mars/Eisen/Rubin
Blau = Jupiter/Zinn/Saphir
Gelb = Sonne/Gold/Topas
Grün = Venus/ Kupfer/Smaragd
Schwarz = Saturn/Blei/Diamant
Weiß = Mond/Silber/Perle
Purpur = Merkur/Quecksilber/Amethyst
Orange = keine Beziehung zu einem Gestirn, Metall oder Edelstein
Braun = Drachenhaupt/Erde/Hyazinth.
Hier die wichtigsten Schraffuren für Tinkturen und Pelzwerke:
Die verschiedenen Farben zeigen oft verblüffende assoziative Gemeinsamkeiten über die Geschichtsperioden und Kulturkreise hinweg, umgekehrt aber auch starke Gegensätze. Der bekannteste davon ist wohl die Verwendung der Trauerfarbe Schwarz im westlichen und jene von Weiß (besser: des ungefärbten Gewebes) im östlichen Kulturkreis. In letzter Zeit setzt sich allerdings auch in Europa Grau oder Weiß für Todesanzeigen durch.
Was Farben zu sagen vermögen
In seiner über 700-seitigen, in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts verfassten Farbenlehre versuchte schon Johann Wolfgang von Goethe, sowohl mit Hilfe naturwissenschaftlicher Beobachtungen als auch unter Verwertung seiner umfassenden Geschichtskenntnisse und seiner reichen Lebenserfahrung, dem Geheimnis der Farben auf die Spur zu kommen. Dabei ließ er sich freilich mehr von Optik und Physik faszinieren als von Psychologie und Ethnologie beflügeln. Deswegen muten seine Betrachtungen über die „sinnlich-sittliche Wirkung der Farbe" trotz seinem Wissensstand eher dünn an. Hier ein paar Beispiele:
„Die Farben von der Plusseite sind Gelb, Rotgelb (Orange), Gelbrot (Mennig, Zinnober).
Sie stimmen regsam, lebhaft, strebend" (Absatz 764).
„Die Farben von der Minusseite sind Blau, Rotblau und Blaurot.
Sie stimmen zu einer unruhigen, weichen und sehnenden Empfindung" (777).
„Zimmer, die rein blau austapeziert sind, erscheinen gewissermaßen weit, aber eigentlich leer und kalt" (783).
„Es ist nicht unangenehm, wenn das Blau einigermaßen vom Plus partizipiert. Das Meergrün ist vielmehr eine liebliche Farbe" (785).
Goethe wusste es noch nicht so genau wie wir, ahnte es aber bereits: Die Wirkung der Farben hat mit physiologischen Faktoren zu tun (kurzwellig/blau = „kühl", langwellig/rot = „warm"). Dennoch ist der kulturell-soziale Kontext das wesentlichere Element bei der Beschreibung ihrer Bedeutung.
So gilt beispielsweise der Purpur seit der Antike als Symbol des Herrschers. Das leuchtende Rot (als Märtyrerfarbe) wird fälschlich ebenfalls als „Purpur" bezeichnet und in der katholischen Kirche als Farbe der Kardinäle und damit als Zeichen der höchsten Würde verwendet, das nur vom Weiß des päpstlichen Gewandes (vgl. Weiß als Farbe des Göttervaters Zeus!) überstrahlt wird.
Die - vielleicht unbewusste - Wahl einer Farbe durch eine politische Bewegung mit großer Strahlkraft führt dazu, dass eine bestimmte Farbe automatisch und auf Dauer mit einem politischen oder weltanschaulichen Konzept verbunden wird:
das Rot der Arbeiterbewegung,
das Schwarz des Klerus und des Faschismus
das Braun der Nationalsozialisten,
das Blau der Freiheitlichen und
das Grün der Ökologiebewegung sind dafür die besten Beispiele.
Ein kleines Beispiel für frühe "politische" Farben - über den Makartumzug 1879 in Wien
heißt es im Katalog der Makart-Ausstellung im Wien-Museum 2001: Es könnte nicht anders sein: Makart konzipierte mit seinen Festzugsbildern schon die Farbregie für die wirkungsvolle Umsetzung des großen Zuges über die Ringstraße.
Am Beginn stand das tiefe Rot der Trompeter, gefolgt von den Farben Weiß-rot für Wien, Blau-weiß für Bayern und Schwarz-gold für das Kaisertum Österreich. Der Jagd, dem Gartenbau und dem Weinbau war vorwiegend grün zugeordnet. Daran schlossen die intensiven Töne von Schwarz-silber-gold für den Bergbau an. Auch die einzelnen Gewerbegruppen erhielten zugeordnete Grundtöne, wie das Weiß der Bäcker und die lichten Töne der Zuckerbäcker. Einen Höhepunkt bildete die in Blau gehaltene Schifffahrt, der die Eisenbahnen effektvoll in Rot-schwarz folgten. Bei den Buchdruckern herrschten Brauntöne vor. Das Ende bildeten die offenbar meist dunkel gehaltenen Kostüme der Künstler, wofür Makart die „Rubenszeit" ausgewählt hatte.
So weit dies zu rekonstruieren ist, war Rot-weiß eine durchlaufende Farbe für die Bannerträger an der Spitze des Zuges. Die Banner wiederum waren farblich den einzelnen Gruppen angepasst. Auch die zahlreichen vor die Festwägen gespannten Pferde wurden nach Rassen so ausgewählt, um mit dem jeweiligen Farbton der Gruppe zu harmonieren.
Die wichtigsten symbolischen Bedeutungen der Farben sind jeweils einzeln zusammengefasst, wobei die soziokulturell-politischen Konnotationen im Vordergrund stehen. Siehe im einzelnen:
Gold/Gelb - Silber/Weiß - Schwarz - Rot - Blau - Grün - Purpur - Braun - Orange etc.
Eine humorvolle, aber in manchem treffsichere Analyse der "Farben Österreichs" findet sich bei Andrea Maria Dusl im Buch "Die österreichische Oberfläche", Residenz Verlag, St. Pölten-Salzburg, 2007, 87-141 (wohl auch unter Anlehnung an meine Schriften zu "Rot-Weiß-Rot").