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Digitale
Datenbanken16
mehr historisch wandelbare mediale Konfigurationen, die sich in unter schiedlichen
Hinsichten auf signifikante Weise verändern können. Die geläufige Bezeichnung
Medium verweist insofern auf nichts anderes als temporär relativ stabile, me-
diale Konfigurationen, wie z.B. die Malerei, den Buchdruck oder das Fernsehen,
welche sich anhand begrifflicher Kriterien jedoch nicht trennscharf voneinander
unterscheiden lassen. Vermieden wird hierdurch zum einen die Gefahr von Essen-
tialismen. Zum anderen wird es möglich, Verschiebungen medialer Konfigura-
tionen auf der Mikroebene in den Blick zu nehmen. So lassen sich Großrechen-
anlagen, Desktop-Computer, Laptops und Smartphones zwar alle als Computer
thematisieren. Dennoch sind sie es nicht in gleicher Weise.
Auf der Grundlage des im Kapitel »Medium« entwickelten begrifflichen Instru-
mentariums widmet sich das darauf folgende Kapitel der Frage nach der Medialität
des Computers. Einen wichtigen Anknüpfungspunkt hierfür stellen Niklas Luh-
manns bislang zu wenig beachteten Ausführungen zum Medium Computer in Die
Gesellschaft der Gesellschaft dar.23 Luhmann zufolge ist eine rein technische Ana-
lyse des Computers, die ausschließlich die in der Tiefe der Maschine ablaufenden
Prozesse thematisiert, ebenso wenig zureichend wie Analysen, die sich auf die an
den Bildschirmoberflächen erscheinenden Phänomene beschränken. Die Media-
lität des Computers sei vielmehr im Rahmen einer medialen Topologie zwischen
Oberfläche und Tiefe zu verorten. Da Luhmann keine ausgearbeitete Medientheorie
des Computers entwickelt hat, können dessen Bemerkungen allenfalls zum Aus-
gangspunkt genommen werden, um die im Computer realisierten Oberfläche/Tiefe-
Verhältnisse genauer zu analysieren. Hierbei wird zum einen der Aspekt von Soft-
ware beleuchtet und zum anderen die Frage nach den Daten. Hierauf aufbauend
werden im letzten Teil des Kapitels »Computer« Spielräume der computertech-
nischen Informationsvermittlung diskutiert. Im Anschluss an Frieder Nakes (2001,
2005) Unterscheidung der Oberfläche und Unterfläche digitaler Medienobjekte
wird der Fokus auf das Wechselverhältnis von menschlichen und technischen
Formen der Verarbeitung von Informationen gelegt. Darüber hinaus wird das kom-
plexe Wechselspiel von Einem und Vielem, d.h. von digitalem Medienobjekt und
Sammlungen digitaler Medienobjekte im Computer betrachtet. Dies leitet zum
Thema Datenbanken über, dem sich im weiteren Verlauf der Untersuchung aus
unterschiedlichen Perspektiven angenähert wird.
Das Kapitel »Datenbank« widmet sich zunächst der Öffnung dieses medien-
wissenschaftlichen Forschungsfeldes. Anhand der Frage, was Datenbanken eigent-
lich sind, werden die unscharfen Grenzen des Gegenstandsbereichs freigelegt, welche
aus der Ambiguität des Datenbankbegriffs resultieren. Datenbanken situieren
sich zwischen allgemeinem Sammlungsbegriff und spezifischen Sammlungstech-
nologien. Die Spannungen, welche aus dieser Mehrdeutigkeit resultieren, werden
23 | Die Potenziale des neuen Mediums Computer diskutiert Luhmann in Die Gesell-
schaft der Gesellschaft auf knapp zehn Seiten unter der Überschrift »Elektronische
Medien« (vgl. Luhmann 1998: 302ff.).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242