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Digitale
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Abgrenzung geht auf der anderen Seite das Problem der Binnendifferenzierung von
Medien einher. Sieht man einmal von den ohnehin problematischen Klassifikations-
und Kategorisierungsversuchen ab, die Medien entlang verschiedener Kriterien
sortieren, stellt bereits die Differenzierung einzelner Medien eine Herausforderung
dar.20 Dies zeigt sich bereits am Beispiel der Zeitung, bei der es sich der alltäglichen
und medienwissenschaftlichen Intuition zufolge um ein Medium handelt. Auf der
Grundlage desselben Medienverständnisses müsste die Zeitung gleichfalls als ein
Multimedium erscheinen. Ebenso wie vom Medium Zeitung gesprochen wird, ist
auch die Rede vom Medium Papier, vom Medium Sprache, vom Medium Schrift,
vom Medium Bild, vom Medium Buchdruck.21 Als eine von einer Institution ver-
mittels technischer Druckverfahren hergestellte Ansammlung von mit Texten
oder Bildern versehenen Papierseiten vereinigt das Medium Zeitung die Medien
Papier, Sprache, Schrift, Bild und Buchdruck. Somit wäre es durchaus berechtigt,
wenn auch bisher nicht gebräuchlich, die Zeitung als Multimedium zu bezeichnen.
Vor dem Hintergrund des Versuchs, den Begriff des Mediums zu schärfen, kann
dies jedoch nicht überzeugen. Denn was haben Papier, Sprache, Schrift, Buchdruck
und Zeitung gemein, damit sie alle als Medien bezeichnet werden können? Die
Erklärung, warum es sich bei diesen um eigenständige Medien handelt, wird jeweils
anders ausfallen. So dient das Papier als materieller Träger von Bildern oder Schrift,
wohingegen Bilder der visuellen und Schrift der sprachlichen Kommunikation
dienen. Demgegenüber stellen der Buchdruck und andere Druckverfahren Tech-
niken dar, Bilder und Texte massenhaft zu vervielfältigen. Papier wird somit als
Medium angesprochen, weil es materieller Träger eines Kommunikats ist, Bild und
Schrift, weil sie als Medien des Ausdrucks dienen, und die verschiedenen Druck-
verfahren, weil sie der technischen Vervielfältigung von Kommunikaten dienen.
Die Zeitung schließlich kann aus zweierlei Gründen als Medium angesprochen
werden, denn der Begriff bezeichnet sowohl eine Institution der gesellschaftlichen
Aussagenproduktion als auch deren Produkte, welche der gesellschaftlichen Kom-
munikation dienen.22 Gemeinsam ist diesen Begründungen die sehr allgemeine
20 | Siehe hierzu exemplarisch die Kategorisierungen von Pross (1972), Hiebel
(1998) sowie Kübler (2000) und die von Faulstich formulierte Kritik an diesen und
weiteren Systematisierungsvorschlägen: »All diese Versuche sind ausnahmslos
entweder unlogisch, unverständlich, dysfunktional, unvollständig, un begründet oder
banal« (Faulstich 2002: 20).
21 | Zeitung, Papier, Sprache, Bild, Schrift und Buchdruck wurden bzw. werden in
der Medienwissenschaft als Medien behandelt, wie die Auflistung unterschied licher
Medien im Abschnitt »Die Frage nach den Medien« (S. 22) zeigt.
22 | Die Zeitung verstanden als Institution gesellschaftlicher Aussagenproduktion
wird gemeinhin als Massenmedium bezeichnet, das der Massenkommunikation
dient. Gerhard Maletzke definiert Massenkommunikation als »jene Form der Kommu-
nikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte
Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medi en) indirekt (also bei
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242