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Digitale
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nisse zu Tage. Am Ende der Trefferliste findet sich der Hinweis: »Um Ihnen nur
die treffendsten Ergebnisse anzuzeigen, wurden einige Einträge ausgelassen, die den
905 bereits angezeigten Treffern sehr ähnlich sind«.92 Die genaue Zahl der ange-
zeigten Suchergebnisse variiert mit jeder Anfrage leicht, die Botschaft ist aber stets
dieselbe: Wer in den ersten tausend Ergebnissen nicht fündig wird, wird auch in den
restlichen Ergebnissen nichts finden.
In dieser Hinsicht unterscheiden sich Websuchmaschinen grundlegend von
relationalen Datenbanksystemen. Letztere zielen auf Vollständigkeit der Ergebnisse
ab, wohingegen bei Suchmaschinen im WWW die Reduktion von Ergebnissen im
Vordergrund steht. Die tabellarische Anordnung der Ergebnisse in relationalen Da-
tenbanken orientiert sich, wie Krajewski herausgestellt hat, an »Evidenz und Über-
sicht« (Krajewski 2007: 47), beinhaltet aber keine Aussage über die Relevanz be-
stimmter Ergebnisse im Vergleich zu anderen. In der Ordnung der Suchergebnisse
besteht demgegenüber ein zentrales Leistungsmerkmal von Websuchmaschinen.93
Sie soll es Nutzern ermöglichen, aus der Vielzahl von Treffern effektiver solche
auszuwählen, die für ihr aktuelles Informationsbedürfnis von Belang sind. Such-
maschinen erfüllen eine Orientierungsleistung und sind, wie der Informations-
wissenschaftler Michael Zimmer konstatiert hat, deshalb zum »center of gravity for
people’s everyday information seeking activities« (Zimmer 2008: 82) geworden.94
Das Beispiel von Websuchmaschinen im Allgemeinen und Google im Besonderen
wird an dieser Stelle herangezogen, um im Vergleich mit relationalen Datenbank-
systemen eine weitere Dimension der computertechnischen Verarbeitung von
Bedeutung darzulegen.95 Datenstrukturen und Algorithmen stehen bei Suchma-
92 | Für die Beispielsuchanfrage kann der Nutzer nur auf ungefähr sieben Pro-
mille der Gesamtergebnismenge zugreifen. Vor diesem Hintergrund erscheint die
Formulierung, dass »einige Einträge ausgelassen« wurden, als ein Euphemismus.
93 | Sofern man die von Websuchmaschinen bewirkte Aufmerksamkeitssteuerung
der Nutzer prinzipiell kritisiert, verkennt man die Problematik, auf die diese Such-
technologie eine Antwort ist.
94 | Etwas Ähnliches konstatiert auch Röhle: »Suchmaschinen sind heute die zen-
tralen Instanzen der technisch unterstützten Komplexitätsreduktion im Netz. Ihnen
fällt die Aufgabe zu, Ordnung in der neuen Unübersichtlichkeit zu schaffen« (Röhle
2010: 11). Die große Bedeutung von Websuchmaschinen zeigt sich auch in dem
wachsenden medien- und kulturwissenschaftlichen Interesse an diesem Gegen-
standsbereich. Diskutiert wird vor allem die Frage der Macht von Suchmaschinen.
Hierbei werden Websuchmaschinen mitunter als übermächtige Gatekeeper be-
griffen, die einseitig bestimmen, welche Informationen ihre Nutzer im WWW finden.
Ein differenzierteres Bild der Macht von Suchmaschinen entwirft Theo Röhle in
seiner Studie Der Google-Komplex in Rekurs auf Foucaults Machtkonzeption und die
Akteur-Netzwerk-Theorie (vgl. Röhle 2010).
95 | Bei Websuchmaschinen steht anders als bei relationalen Datenbanken nicht
der Gehalt von Informationen im Vordergrund, sondern deren Relevanz. Dieser
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242