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335Schluss
keit einsteht, »dass diesseits und jenseits der Bildschirme der kombinatorische
Freiheitsgrad jeder ›signifying practice‹ erweitert werden kann« (Gugerli 2007a:
14). Doch auch wenn Datenbanken auf Ergebnisoffenheit hin entworfen sind, ist
das unbedingte Spiel der Kombination und Rekombination, der Auswertung und
Präsentation von Datenbankinformationen eine Imagination.10 Es findet seine
Grenzen darin, welche Informationen wie in spezifische Datenbanken gelangen und
welche Operationen diese Datenbanken als phänomeno-technische Konfigurationen
in ihrem Bestand auszuführen erlauben.
Datenbanken als ein vollständiges Reservoir digitaler Informationen zu
betrachten und in ihren Inhalten transzendentale Signifikate zu sehen birgt dem-
zufolge ein Gefahrenpotenzial. Dieses Gefahrenpotenzial ist digitalen Datenbanken
jedoch inhärent und resultiert aus deren Tendenz zur Universalisierung, die auf
der Unsichtbarkeit der Grenzen des Informationsbestands sowie der Grenzen der
Auswertungs- und Handhabungsmöglichkeiten von Datenbankinformationen be-
ruht. Infolgedessen bedarf es einer reflexiven Auseinandersetzung mit der Daten-
bankpraxis, welche sich von der beschriebenen Tendenz zur Universalisierung
emanzipiert, indem sie die vielfältigen Grenzen aufzeigt, die dem Versuch, alle
Informationen in digitaler Form zu versammeln, stets gesetzt sind. Dies weist den
Weg in Richtung einer kritischen Datenbankpraxis, welche gerade in Anerkennung
der Universalisierungstendenz digitaler Datenbanken deren fortwährende tech-
nische, soziale und historische Begrenztheit erfahr- und handhabbar macht und
damit der Homogenisierung von Information entgegenwirkt. Eben hierfür macht
sich Bowker stark:
»We need to open a discourse – where there is no effective discourse now – about
the varying temporalities, spatialities and materialities that we might represent in
our databases, with a view to designing for maximum flexibility and allowing as much
as possible for an emergent polyphony and polychrony. Raw data is both an oxy-
moron and a bad idea; to the contrary, data should be cooked with care.« (Bowker
2005: 184)
Vor dem Hintergrund seiner historischen Analyse von Archivierungs- und Er-
innerungspraktiken in den Naturwissenschaften unterbreitet Bowker zwei kon-
krete Empfehlungen, wie dies zu realisieren sei: Erstens gilt es in der Praxis den Ent-
wicklungs- und Entstehungskontext von Datenbanken im Rahmen des Möglichen
10 | Gugerli interessiert sich vorrangig für die Flexibilisierung von Suchmöglichkeiten,
weshalb er die Grenzen des technisch Möglichen nicht in den Blick nimmt. Dass
die beliebige Kombinier- und Rekombinierbarkeit von Information letztlich eine
Wunschkonstellation ist, deren technische Einlösung noch immer nicht stattgefunden
hat, hinterfragt er nicht kritisch.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242