Page - 283 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
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dezember 1903 283
644.AufzeichnungvonBahr,29.11.1903,Auszug
[Im Gespräch mit Hofmannsthal.] Ich erzäle die Geschichte vom
Herrn Fabichler, dem Linzer Dichter, der, von meiner Schwester
protegiert, eigens zu mir fuhr, mir seinen Roman »Künstlerinn-
engunst« zu bringen, die halbe Stunde bei mir aber keineswegs
5 (obwol ich es ihm fast suggerierte) versuchte, mir zu sagen, was er
beim Schaffen sucht, was er will u. wonach er ringt, was ihm vor-
schwebt, sondern mir immerfort nur erzälte, wie schwer es heute
sei, sich einen Namen zu machen, und wie wichtig, ja entscheidend
die Protektion sei. Er hat zuerst ein Stück geschrieben, weil er, als
10 Deutschnationaler, alter Burschenschafter, einen Weg zum Müller-
Guttenbrunn zu haben geglaubt habe, der aber sein Stück gar nicht
gelesen, sondernihnandenRegisseurPohlergewiesen,welcher ihn
sogleich geduzt, aber nichts für ihn getan, sondern ihn zur Körner
geschickt,i die ihn auch wieder nur genarrt, was er nun alles, in der
15 Hoffnung,daßesdochdasPublicumsehrinteressierenmüsse, insei-
nemRomandargestellt.Nachdemichdiesengelesen,schreibeichan
ihn, ich fände sein Werk leider nicht so gut, daß ich darüber etwas
zu sagen hätte. Nun schreibt er wieder an meine Schwester, (gar
nicht etwa beleidigt oder gekränkt), ich möchte doch also anonym
20 eine günstige Recension erscheinen lassen; und legt einen Brief der
Frau Hinsenkamp bei, der Frau des Bürgermeisters von Urfahr, in
welchem diese für die Zusendung seines Werkes dankt, es lobt und
gleich (dies war offenbar ihr erster Gedanke) im dritten Satze aus-
ruft: »Wie mögen die Literaturgrößen in Wien vor diesem Werke
25 erschrecken und erzittern!« Und nun spreche ich mit Hugo davon,
wie wir, er, ich, Schnitzler, Hauptmann, alle,i geradezu ausspähen
nach Talent, wie wir darunter leiden, daß keine Jugend da ist, daß
wir so wenige sind, daß wir allein das Gefühl haben, nicht auszu-
reichen für alles, das notwendig ist, und wie wir aufatmen würden,
30 wennirgendwoeinneuesTalentzu sehenwäre.
645.AufzeichnungvonBahr,30.11.1903,Auszug
November war ein Streitmonat, erst für Schnitzler, dann für Klimt.
Ich innerlich zerfahren, müde, verärgert, reizbarer als ich je war,
sodaß ichschonfürmeinenHumorfürchtenmuß,ungeheuerange-
ekelt vor Östreich. Vielleicht wird sich das in einem Aufsatz »Das
5 Ende« für Harden entladen. – Starke Herzbeschwerden. Und sol-
cheSehnsuchtnachSonne,Süden,blauemMeermitgelbenu. roten
Segeln!
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
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- 1923 570
- 1924 583
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- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916