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334 dezember 1904
fen. Wäre der Puppenispieler wirklich ein »Großer«, so bräuchte
er sich nicht in Lügen einzuspinnen, um der größere zu bleiben –
20 wäreJulianwirklicheinGroßer–sowürdedasbesteseinesWesens
nicht mit seiner Jugend auslöschen. Gegen die Herzöge und gegen
die Sala’s hab ich nichts – und vor den »Großen Räubern« salu-
tir ich, gleich dir, in Ehrfurcht. Du hast ganz recht: »Entsagung ist
nicht immer Reife.« – – nur setze ich hinzu: nicht bei allen. Wenn
25 IndividuenwieWegrath in irgendeinemMomentihrerExistenzdie
Grenzen ihrer Begabung erkennen, –i so ist diese Entsagung, wie
jedeErkenntnis innereReife,oderwenigstenseinSymptominnerer
Reife. Ebenso ist für den Oboëspieler wirklich der »Innere Friede
und die schuldbefreite Brust« das einzig erreichbare Glück. Und
30 dass ein Mensch wie der »Puppenspieler« nicht, wie es eben den
Beschränkungen seines Wesens angemessen wäre, uzuuentsagen im
Stande ist, sich uvielmehru dieser Entsagung schämten würde und
daher den andern u sich ein ufalschesu Eigenschicksal vorspielt –
ist ein Zeichen, dass er innere Reife nicht erlangte, welche eben nur
35 in Selbsterkenntnis bestehen kann. Daher Es isti also nur natürlich,
dass bei manchen Menschen, insbesondre bei klugen, von mäßigem
Talente und stillem Temperamente das was ihnen an innerer Reife
überhauptbeschiedenist, ineinerArtvon»Entsagung«denentspre-
chendenAusdruckfindet.
40 Wohl denen, die’s nicht nöthig haben, – wohl uns, die wir wie
mir scheint zu diesen gehören – und hoffentlich nicht allein wegen
Mangels an Klugheit. So spricht also nichts dagegen, mein lieber
Hermann, dass wir beide uns an die Arbeit machen, die du in
meinei Hände legst: »Das Werk von der letzten Nacht einer alten
45 Zeit«– Undschließlichkönnen esauchandreWerkesein.
Zu »Mahler« haben wir noch Sitze bekommen, so seh ich dich hof-
fentlich auch heuteAbend.
Jedenfalls aber sageoderschreibemirpneumatisch,obduvielleicht
Lusthättest, am Samstag beiunszu nachtmahlen.
50 Herzlichstderdeine Arthuri
Olga grüßt dich herzlich und sagt dir, dass sie tdasvon demuwas du
anläßlichdesP. geschriebenhast, erschüttertwar.
764.BahranSchnitzler, 14.12.1904
14.12.04
Nachts
LieberArthur!
Ich hab Dich nach der Symphonie heut überall gesucht, aber
5 Du warst wie in die Erde versunken. So laß mich Dir schriftlich
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
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- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
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- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916