Page - 335 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
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dezember 1904 335
geschwind(dennichbintodtmüdvorMusik,gesternauchnachWal-
küre, die mich so wahnsinnig aufgeregt hat, daß ich heut erst in der
Früh gegen fünf einschlafen konnte) herzlichst für Deinen lieben
Brief danken. Es ist möglich, daß Du recht hast (mit dem, was Du
10 über Deine Intention sagst, hast Du natürlich gewiß recht, fraglich
bleibtnur,obnichtbeiderAusführung,Dirselbstunbewußt,etwas
von einer Untergrundstimmung in Dir, die sich nach dem Philister
sehnt,eingeflossen ist), ichmußtemeinGefühlabereinmalausspre-
chen,miteinigerSchärfe,dienichtDirgilt, sondernmirselbst,einer
15 inneren Schwäche in mir selbst,i an der ich Jahre lang gelitten habe
(Manches,was ichjetzt im»Franzl«nichtmehrmagunddieseblöd-
sinnige letzteScenedes»Apostels« istaus ihr)undvonder ichmich
nur durch eine erbitterte Anrufung meiner innersten Instinkte frei
gemacht habe – ganz frei freilich erst, seit ich mit dem Tode so ver-
20 trautbin,seitderTodwirklichmeinbesterFreundgewordenist,der
einzigenemlich,denichmirnochwirklichverdienenwill,aberüber
dies alles einmal mündlich in einer guten Stunde, denn es ist tiefer,
als sich so hinschreiben läßt, viel »tiefer als der Tag gedacht«, Tris-
tantief, wo Du es jetzt, im zweiten Akt, viel schöner findeni wirst,
25 als ichs jemals werdaussprechenkönnen.
Sehr leid tut mir, daß ich Samstag nicht zu Euch kommen kann,
1)weil ich Hugo versprochen habe, nach Rodaun zu kommen und
2)weil ich auch dort absagen muß, weil ich 3) gerade jetzt, bei fro-
hester innerer Genesung (der Teufel soll den Trebitsch holen, der
30 die schönsten Worte so beschmutzt, daß einem graust, sie anzurüh-
ren), äußerlich in einem rechten Durcheinander lebe, den ich nicht
ändernkannundnichtändernmöchte,kurz: sosehr ichmichwirk-
lichsehne,wiedereinmalruhigbeiEuchzusitzen, jetztgeradegehts
indennächsten Tagen leider nicht.i
35 Herzlichst danke ich auch für den Gruß Deiner lieben Frau und
erwiedere ihnherzlichst.
Ich wünsche mir sehr, daß sichs so treffen möchte, daß wir doch
zweidreiTage inLuegbeisammensind.
Deinalter H.
765.LudwigFuldaanSchnitzler,21.12.1904,Auszug
Aus dem Artikel von Harden über Jacobsohni erfuhr ich, daß Herr
Hermann Bahr mich einen »gierigen Jobber« genannt hat, der »mit
Meinungen wie mit alten Hosen hausirt.« Und zwar befindet sich
diese Injurie – wohl der äußerste Rekord an Unanständigkeit –
5 nicht etwa in einer Kritik über mich, sondern zurückgreifend in
einer Besprechung des Otto Ernst’schen Stückes. Ich möchte nun
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916