Page - 409 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
Image of the Page - 409 -
Text of the Page - 409 -
november 1908 409
85 werden auch die Tschechen, die Ruthenen, die Kroaten, die Rumä-
nen, die Slovenen und die Italiener und so weiter unterdrückt. Der
JudehatbeiunsnichtdasselbeRechtwieirgendeindeutscherChrist
derherrschendenKlassen.AberderArbeiterhatesauchnicht.Gar
nichtzuredendavon,daßauchderProtestant,oderwerkeineKon-
90 fession hat, hinter den Rechten der Katholiken zurücksteht. Statt
sich nun aber zu den anderen Unterdrückten zu schlagen, biedern
sich die Juden entweder den Mächtigen an oder isolieren sich, ich
weiß nicht, was dümmer ist. Und zweitens (was mich auch in die-
sem Roman zuweilen befremdet) schädigen sich die Juden durch
95 eineForderung,diemanihnenniebewilligenwird:siefordernLiebe.
Das spüre ich in diesem Roman wieder so stark. Die Juden sit-
zen da und denken traurig nach, warum man sie nicht gern hat.
Aberi ichglaubenicht,daßsichdasdurcheinGesetzändernläßt.Ich
muß auch gestehen, daß es mir durchaus unbegreiflich ist, wie man
100 darunter leiden kann. Mich haben gewiß viele tausend Menschen
gern,aberichhabeinmeinemganzenLebennochkeineMinutedar-
über nachgedacht, es hat mich immer gefreut. Was ist das für ein
Wunsch, von aller Welt geliebt zu sein? Ich stelle mir das gar nicht
soschönvor.
939.TagebuchvonSchnitzler, 13.11.1908,Auszug
– Bahr reist herum, hält Vorträge über mich, schrieb mir neulich,
auch dass ich letztes Heft »Morgen« lesen solle, mit seinen Bemer-
kungenüber»Weginsfreie«.Ichlassie;siesindfabelhaftdumm.Im
übrigen ist er inall seinerUnfähigkeit jemals irgendeineSacheklar,
5 frei, reinanzusehen, einwundervollesExemplarMensch.
940.SchnitzleranBahr, 15.11.1908
15.11.08
mein lieber Hermann, für deine Karte dank ich dir schönstens. Es
freutmichuergreiftmich,dassduinderFernedeineSympathie für
mich aussprichst – aber möchtest du’s nicht einmal wieder daheim
5 mir ins Gesicht wagen –? Wir haben uns längeri als ein Jahr nicht
gesehen! Laß mich doch wissen, sobald du zurück bist, wann du
einmal eine Stunde für mich Zeit hättest? Oder länger und für uns,
dennauchmeineFrau möchtedichgernewiedereinmal sehn.
Fürheutviele treueGrüße.
10 Dein Arthur
back to the
book Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916