Page - 444 - in Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
Image of the Page - 444 -
Text of the Page - 444 -
444 november 1910
Ueberdies erscheint das Stück etwa acht Tage vor der Premiere im
10 Buchhandel,sodasseineAeusserungüberdasWerkalssolchesohne
RücksichtaufdieDarstellungnichtalsunstatthaftaufgefasstwerden
könnte.
DasMissverständnis,dasDubefürchtest, ichhätteindemMedardus
einen tragischen Helden zeichnen wollen, kann meines Erachtens
15 als solches überhaupt nicht auftreten. Dass Viele sich so stellen
werden, als glaubten sie, ich selber hielte den Medardus für einen
tragischen Helden, ist hingegen selbstverständlich. Ini dieser Vor-
aussichtwar ichnahedaranderBuchausgabeeinkurzesGeleitwort
mitzugeben ungefähr des folgenden Inhalts: u»uEs ist mir bekannt,
20 dass dieses Stück sehr lang und dass der Medardus ein ausnehmend
inkonsequentes Subjekt ist.u« (uDarum passieren ihm ja so sonder-
bare Dinge.u)u Aber am Ende sind in dem Drama selbst so klare
AnsichtenüberdasWesendesMedardusausgesprochen,hauptsäch-
lich durch Eschenbacher, durch Etzelt und auch durch die Frau
25 Klähr, dass der Unverstand, der sich durch die dramatische His-
torie selbst nicht belehren liesse, auch mit einem solchen Vorwort
nichts anzufangen wüsste. Auch glaube ich mich mit Dir eines Sin-
nes, wenn ich behaupte, dass kein dramatischer Autor verpflichtet
ist indenMittelpunktseinerStückegeradeeinensogenanntuenu tra-
30 gischenHeldenhineinzustellen.DerHamlet istes imdogmatischen
Sinne so wenig als der Oswald, der Prinz von Homburg so wenig
als der Tasso. Dies sind natürlich Beispiele nicht etwa Vergleiche.
Kein Zweifel übrigens, dass sich der Autor nach dieser Richtung
umso mehr erlauben darf je verstorbener er ist.– Was Deine wei-
35 tere Befürchtung anbeilangt, dass das Publikum ein anderes Stück
zu sehen bekommen wird als ich geschrieben habe, so ist sie zum
Teil vielleicht gerechtfertigt, aber nicht durchaus als Befürchtung.
Ich habe für die Zwecke der Bühne nicht nur sehr viel gestrichen,
sondern auch gewisse Umstellungen vorgenommen; Kompromisse
40 ohnedieauchmancheandereu,uundgrössereu,uWerkesichaufder
Bühne nicht hätten halten, ja nicht einmal auf sie hätten gelangen
können.Leidermuss ichauchzugestehen,dassderMedardusselbst
heute indemBurgtheaternichtzubesetzenist (diesganzunteruns).
Der Einzige, der ihn heute überhaupt spielen könnte, ist Moissi.
45 Reinhardt, als ich ihmdasStückvorlas,warauchganzentschlossen
ihm diese Rolle zuzuteilen, erst später erfuhr ich, dass er das Stück
nur dann geben wollte, wenn ich ihm noch ein zweites überliesse,
worauf ich aus prinzipiellen Gründen nicht einging. Bei Reinhardt
wären zweifellos auch die Massenszenen besser herausgekommen
50 als es bei uns der Fall sein wird. Aber die übrige Besetzung hier
ist zum grösseren und wichtigeren Teile von der Art, dass keine
deutsche Bühne sie heute besser bieten könnte. Die Bleibtreu als
back to the
book Arthur Schnitzler & Hermann Bahr - Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931"
Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916