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484 april 1913
1111.SchnitzleranBahr,22.4.1913
22.4.1913.
Lieber Hermann.
IchhabenunAltenberg, seinenBruderundseinenArztgesprochen
undglaubeeinklaresBildvonderganzenSachezuhaben.Altenberg
5 ist vor zirka 4–5 Monaten wegen eines akuten alkoholischen Irre-
seinsnachSteinhofgebrachtworden.DieschwerenErscheinungen,
Verfolgungsideen etc., die, erst in der Anstalt selbst auftraten, dürf-
ten (was mir ärztlicherseits allerdings nicht gesagt wurde) auf die
plötzliche vollkommene Abstinenz zurückzuführen gewesen sein
10 (die man jetzt, ich weiss nicht recht warum, statt der früher geüb-
ten allmählichen Entwöhnung in vielen Fällen anwendet). Ich habe
Altenberg geistig frischer gefunden als seit langer Zeit, nur eben
sehrerregt,weilerschongerneaufdenSemmeringmöchte.Freilich
bestehtdieGefahr,besserdieSicherheit,dasserohneärztlicheAuf-
15 sichtsofortwiederzutrinkenundbaldauchwiederalkoholischizu
exzedieren anfängt. Diese Gefahr wird aber gerade so wie heute in
achtTagen,invierWochenundineinemhalbenJahrbestehen.Dazu
kommt, dass seine steigende Erregung wegen der Internierung in
Steinhof seinem allgemeinen Zustand kaum förderlich sein dürfte.
20 Dies alles habe ich auch Peter Altenbergs Bruder gesagt, und da
auchderChefarztgegenP.A.’sEntlassungnichtseinzuwendenhat,
wenn der Bruder die Verantwortung übernimmt, (man muss aller-
dings fragen, wofür?), so dürfte P. A. in wenigen Tagen die Reise
auf den Semmering antreten können. Der Bruder möchte nur, was
25 ich sehr vernünftig finde, dass P. A. wenigstens anfänglich nicht im
Hotel, sondern im Kurhaus, also unter recht bescheidener ärztli-
cher Aufsicht wohne. Für den Fall, dass sich das nicht durchführen
liesse, wäre auch die Begleitung durch einen Wärter in Erwägung
zu ziehen. P. A. möchte selbst sehr gern seinen Wärter aus dem
30 Sanatorium für ein paar Tage mitnehmen, wenn dem nicht, wie es
den Anschein hat, von Seiten der Anstalt Schwierigkeiiten entge-
gengesetzt würden. Es hat meiner Ansicht nach wirklich keinen
SinnPeterAltenberg länger inSteinhofzuhalten,wennauchkaum
zu bezweifeln ist, dass nach einiger Zeit ihm ein neues Delirium
35 und wahrscheinlich eine neuerliche Internierung, die ja dann der
Umgebung wegen nicht zu vermeiden ist, bevorstehen dürfte. Von
den Degenerationserscheinungen, die man nach allerlei Gerüchten
hättebefürchtenkönnenhabeichbeiAltenbergnichtdasGeringste
bemerkt, und ich glaube, wenn auch vielleicht die plötzliche Absti-
40 nenz zu Beginn der Anstaltsbehandlung nicht ausschliesslich von
Vorteil twar,dassderAufenthalt imGanzenfür ihn gewesen w.u, – die geän-
derte Lebensweise im weiteren Verlauf und alles was damit zusam-
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
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- Editorische Richtlinien 796
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- Nachwort 820
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