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mai 1922 557
Reigen zum jungen Medardus, welch ein Weg! Und daß es immer
205 dereinsameWegwar,denDunahmst,unddaßerDirimmerwieder
ein Weg ins Freie wurde, daß Du Dich auf keinem Deiner Erfolge
jemals beruhigt niedergelassen, das hat mir immer von neuem wie-
der Bewunderung abgerungen! Talent hat bald einer, das ist leicht,
Duaberhastgewußt,daßTalentnursovielwert ist, alsmanessich
210 schwer werden läßt. Talent ist immer eine Schuld. Ich, der Deiner
ArbeitseitzweiunddreißigJahrenzusieht,a littlemorethankinand
less than kind, wie unser Vetter Hamlet sagt, kann bestätigen, daß
Dusie redlichbezahlthast.
In meiner grünsten Jugend sprach ich einst öffentlich den Wunsch
215 aus, Jedermann sollte an seinem dreißigsten Geburtstag erschlagen
werden,nachherseimandochnichtsmehrnutz. Indessenwardann
auf einmal mein vierzigster über mir. Du kanntest meine Verzweif-
lungundzumTrost schriebstDumirdamalsaufeinBild:»Erinner
Dich,wieoftDuschonaltgewesenbist,undfreuDich,wieoftDu
220 nochwiederjungseinwirst!«Arthur,heutekannichDichbestimmt
versichern:soganzrichtigjungwerdenwirzweigewißerstmitsieb-
zig!Aberkönntenwirunsnichtvielleichtdochschonvorhereinmal
Wiedersehen?DieswünschtsichundDirvonHerzenDein,wieDu
siehst,unverbesserlicher HermannBahr.
1274.Bahr:ArthurSchnitzlerzu
seinem60.Geburtstag,Mai1922
ARTHUR SCHNITZLER
ZUSEINEMSECHZIGSTENGEBURTSTAG
(15.Mai 1922)
Was meinst Du, lieber Arthur, wieviel wird in hundert Jahren von
5 Dir noch am Leben sein? Und wieviel von mir? Wie viel von uns
allen? Du fragst vielleicht, ob ich Dich das grad an Deinem sech-
zigsten Geburtstag fragen muß, aber kannst Du Dich erinnern, daß
ich jeschicklichwar?UndDuwirstauchgleichsehen,Dukommst
bei meiner Frage weit besser weg, als Du vermutest; ich fürchte:
10 besser als irgend einer sonst von uns! Es sieht dir ja nicht gleich,
anzunehmen, daß Du zeitlose Werke geschaffen hast, ewige, wie
mandienennt,mitdenennachJahrhundertennochdieSchuljugend
so geplagt wird, daß auch der Erwachsene, wenn er den Namen
hörti im ersten Schreck sie zu kennen verlogen vorgibt. Wer sich
15 aber nicht schmeichelt, den kommenden Generationen solche Qua-
len bereitet zu haben, wovon soll er sich Nachruhm erhoffen?
Warum soll in hundert Jahren jemand uns lesen? Was wird denn
in hundert Jahren überhaupt sein, dort wo wir jetzt sind, wo vor
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
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- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916