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822 anhang
(▷793–795). Zu Bahr hat er 101 von 414 Erwähnungen abschreiben
lassen.Magmansichauchvorstellen,dasserdieZusammenstellung
seinerUrteile ineinemholistischenSinnealsSummeseinesVerhält-
nisses zu Bahr verstanden habe, so sind selbst die 414 Stellen nicht
alles,waseszusagengibt.29 DennnatürlichschriebSchnitzlernicht
jede Begegnung auf, sondern nur als bedeutsam eingestufte,30 und
selbstredendistes stetseinesubjektivePerspektive,diedamiteinge-
nommen wird. Sein Interesse an Charakteristik betonte er in einer
autobiografischenNotiz –
»Auch von manchen Erlebnissen meiner Freunde wird die Rede
sein, nicht nur, wenn solche Erlebnisse Einfluß auf meine Ent-
wicklung genommen haben, sondern wenn sie zur Charakterisie-
rungder Leutedienen,mitdenen ichverkehrthabe.«31
SchnitzlersVorliebefürSelbstbeobachtung,TypologieundPsycho-
logie weist auf ein forschendes Ich, das als ruhender Beobachter
innereVorgängestudiert.DemgegenüberzeigenbeiBahreineReihe
vonBegriffen,dassihmderentgegengesetzteBlickwinkelzentral ist.
Das Ich fungiert als Spiegel des Außen und ist entsprechend insta-
bil: Von der »Nervenkunst« der frühen Neunzigerjahre über den
Impressionismus bis hin zum »Augenmusik« genannten Expressio-
nismusgehtesdabeiumReize,VorgängeanderOberfläche,diedas
Ich aufzeichnet. In seltenen Momenten und Bereichen fügen sich
dieseZugängewiezweiSeiteneinerMünzeaneinander.Offensicht-
lich ist, es sind zwei diametrale Persönlichkeiten. Stellt man dem
Tagebuch Schnitzlers die Aufzeichnungen Bahrs32 gegenüber, dann
ergibt sich nicht einfach ein zweiter Blick auf dieselben Ereignisse.
Dem»HerrnausLinz«bleibendieeigenenEmotionenfremd;über
sein persönliches Verhältnis zum anderen verraten seine eigenen
Äußerungen wenig. Lässt uns Schnitzler teilhaben an den Schwan-
kungen zwischen Verachtung und Zuneigung, denen seine Bezie-
hung zum vierzehn Monate Jüngeren unterworfen ist, bleibt eine
29 WieSchnitzler sichdieVerwendungvorgestellthabenkönnte, lässt sichausdem
TextMaxBurckhard(▷464–469)erahnen.WeitgehendeineAuswertungdesTage-
buchs – darin vergleichbar der Autobiografie Leben und Nachklang, Werk und
Widerhall (JiW) –, stehtdieDetailtreueübergreifendenEinordnungen imWeg.
30 Vgl.denBriefvonAndriananMichelvom27.2.1900(▷173–175)unddieRekon-
struktionmöglicherTreffen inTheatervorstellungen,▷792.
31 Abgedruckt imAnhangvon JiW 323 (DLA,A:Schnitzler, 85.1.201).
32 Der Begriff »Tagebuch« ist bei Bahr doppelt schwierig. Erst als er die vierzig
deutlich überschritten hatte, werden die Aufzeichnungen primär eine chronolo-
gische Ereignisdokumentation. Andererseits entwickelte Bahr – parallel dazu –
eine Textsorte »Tagebuch«, die er als Kolumne über die Jahre in mehreren Zeit-
schriftenundZeitungenpublizierteundindenenderbehaupteteZusammenhang
bestimmterTagemitbestimmtenEreignissennur losegegeben ist.
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916