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824 anhang
aktivierbar macht.34 Oder wenn zum Abschluss einer Rezension
des Puppenspielers (▷332) der Wunsch geäußert wird, Schnitzler
solle die letzte Nacht vor einer neuen Zeit schildern, und der Ange-
sprochene das nach eigenen Angaben im Ruf des Lebens aufgreift.
DieserWunschistauchinweitererHinsichtbedeutsam.Bahrdürfte
eine Variation dieses Wunsches verwendet haben, als er in seinen
späten Rückblicken Schnitzlers Gesamtwerk als Chronik der letz-
ten Tage vor dem Untergang der k. u. k. Monarchie zu er- und
verklären sucht. Doch müsste man die Frage nach dem ›Österrei-
chischen‹, die in Bahrs eigener Geistesbiografie so dominant wird,
voreinemfundiertenUrteil ineinengrößerenZusammenhanginder
Rezeptionsgeschichte Schnitzlers stellen. Nur für Bahr selbst kann
seine1908begonneneReihe»ÖsterreichischerRomane«alsBeweis
herhalten,dasseraufderSuchenacheinemgeistesgeschichtlichver-
bindendenMomentwar.
Der den hier abgedruckten Dokumenten inhärente Kontrast aus
Emotion und Strategie, aus Chronist und Akteur bewirkt gute
Lesbarkeit. Doch es genügt nicht, die Wandelbarkeit des Ichs zu
behaupten, der Blick muss vom Ich aufs literarische Feld ausgewei-
tetwerden,dieKommunikationsichfürdieGruppeöffnen.Esgibt
Beispiele von gleichlautenden Briefen an unterschiedliche Empfän-
ger,wie jenenBrief,denBahram27.4.1907(▷392)nahezuidentisch
an Schnitzler und an Beer-Hofmann schreibt. Es gibt auch das sich
manifestierendeMotivinnerhalbderGruppe,sichüberdie(mangel-
haften) stilistischen Mittel Bahrs und dessen Pose lustig zu machen
(vgl. Beer-Hofmann, ▷22; vgl. Hofmannsthal, ▷27; vgl. Schnitzler,
▷123). Geeigneter, den Nutzen der verbreiterten Kommunikation
darzustellen, sinddieDokumenteAnfangApril1894(▷68–69):Die
KorrespondenzselbstwürdesichaufBahrsAbsageeinererstenRad-
fahrstunde beschränken (2.4.1894). Anhand des Eintrags vom 1.4.
inSchnitzlersTagebuchkönntesichallenfallsnochvermutenlassen,
dass es sich auf ein Gespräch bezieht, das sie im Prater geführt hat-
ten.DieEinbeziehungeinesBriefesanRichardBeer-Hofmann,den
dieser Bahr weiterschicken solle, und dessen Antwort, die genaue
Kenntnis von Bahrs Antwort zeigt, illustriert hingegen, dass das
Gesprächnichtexklusiv zwischenzweiPersonengeführtwurde.
Den Informationsfluss innerhalb der Wiener Moderne sichtbar
zu machen ist auch der Grund, warum mutmaßlich lässliche Aus-
sagen in Briefen Dritter berücksichtigt werden. Denn wenn Beer-
Hofmann Schnitzler aufträgt, »Grüße an Bahr, Hofmannsthal etc.«
34 Vgl. die Zusammenstellung von Achim Aurnhammer: Arthur Schnitzlers inter-
textuellesErzählen.Berlin,Boston:deGruyter2013,S.72(linguae&litterae22).
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916