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nachwort 849
Aber im Ergebnis, was auf eine hoffnungslose Diagnose hin zu tun
sei,dürfte Trebitschwieder rechthaben:
»›EinschwererEntschluß‹,sagteichnachdenklich.›Einsehrleich-
ter‹, fiel Arthur Schnitzler ein, ›wenn es um Leben und Tod geht.
Denn jetzt kann ich mir schondenken, was dir fehlt. So einüber-
lastetes, nervenkrankes Nikotinherz kann noch einmal genesen,
aber freilich, du hast keine Wahl. Nimm es nur so schwer du
kannst.‹ [...] Als wir voneinandergingen, wußten wir, daß die
schönsteZeitdestäglichenUmgangesmit ihmfürimmervorüber
war.«
DerArztschicktBahrzumKuraufenthaltnachMarbachamBoden-
see, oder, wovon der Patient überzeugt ist, zum Sterben. In Über-
windung des Urteils und der Krankheit reist er von dort ab und
begibt sich auf eine Reise nach Griechenland (und verzichtet auf
das Zusammentreffen mit Schnitzler in Neapel). Die griechische
Reise führt nach der Heimkehr zu seinem Text Dialog vom Mar-
syas, mit dem ihm erstmals wirklich eine ebenso theoretische wie
programmatischeSchriftgelingt,dievondenJung-WienernmitLob
überschüttet wird. Zeichen ihres besonderen Status ist auch, dass
Schnitzler schriftlicheÜberlegungenzuderLektüreanstellt.71
Aber nicht nur Herzls Tod, eine weitere wichtige Veränderung
innerhalb des Beziehungsgeflechts findet statt: Bahrs Bruch mit
Hugo und Gerty von Hofmannsthal. Anfänglich geht es in die
andere Richtung, eine große emotionale Nähe zu Gerty bildet sich
heraus, die den Anstand gewahrt haben dürfte. Umso ratloser zei-
gen sich ihre Briefe, als er ab September davon nichts mehr wissen
will.72 Auslöserwar,dasserinderHofoperAnnaBellschanvonMil-
denburg zum ersten Mal singen gehört hat. Er beginnt nun intensiv
um seine zukünftige zweite Frau zu werben. Freilich erfahren die
Freunde nichts Näheres, einzig die Behauptung, in einem »Durch-
einander« (▷335) zu leben, ist ein magerer Hinweis. Einen weiteren
Puzzlestein des Bruchs mit Hofmannsthal stellt die kritische Lek-
türe des Manuskripts des Geretteten Venedig dar, das bei ihm den
Eindruck einer künstlerischen Sackgasse erweckt, gerade so wie er
sieschonbeiSchnitzler (▷237und▷251)undEleonoraDuse73 wahr-
genommen habe. Mögen Entwicklungen im Leben Bahrs Ursache
71 Als»graphischeErklärung«(▷311)istsiezudemVorläuferderDiagrammeinDer
Geist im WortundderGeist inderTat.
72 Vgl. BwBahr/Hofmannsthal899–900.
73 Zwar nicht explizit als Irrweg, aber vgl. Elsbeth Dangel-Pelloquin: »Mondaine
Stimmungsakrobaten«.BahrsundHofmannsthalsKreationderModerneamBei-
spielvonEleonoraDuseundIsadoraDuncan. In:H.B.ÖKeA55–81,hier:S.67.
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
- 1922 547
- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916