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Ziel dieses Kapitels ist es, den archäologischen
Quellenwert der vorliegenden Befunde und Funde
einerseits nach den gegebenen naturräumlichen
Voraussetzungen sowie den angewandten Metho-
den der Quellengewinnung und andererseits nach
der Aussagekraft von Befunden und Funden hin-
sichtlich verschiedener Fragestellungen einzu-
schätzen.
Die vorliegenden Befunde und Funde stammen
aus Rettungsgrabungen, die zwischen 1989 und
1992 durchgeführt wurden (vgl. Kap. 3). Die Gra-
bungsfläche auf dem Areal der Insula XLI wurde in
sog. Quadranten von 4 × 4 m aufgeteilt (Abb. 4).
Im Zuge der Ausgrabungen war das Fundmaterial
nach Quadranten, sog. Abhüben und/oder Schich-
ten bzw. Strukturen sowie nach Fundgattungen,
die sich vorwiegend am Herstellungsmaterial ori-
entieren (z. B. Bronze, Eisen, Feinkeramik, Glas,
Grobkeramik, Hüttenlehm, Knochen, Terra Sigil-
lata, Münzen etc.), getrennt worden. Abhubmaterial
der Brandschicht wurde während der Ausgrabung
weder gesiebt noch geschlämmt. Ein Metallsuchge-
rät wurde m. W. während der archäologischen Aus-
grabung nicht eingesetzt.
Während die im Westteil der Insula XLI gelegenen
Häuser I und II flächig freigelegt werden konnten,
wurden im Südteil (Haus III) und Ostteil (Haus IV)
zwischen den Quadranten angelegte 1 m breite
sog. Stege nicht ausgegraben. Räume der Häuser
V (Räume X/1, X und Y) und VI (Räume U, U/1, V/1,
W, W/1) im Ostteil der Insula XLI konnten im Zuge
der archäologischen Ausgrabungen nur teilweise
freigelegt werden.
Die Ausgrabung wurde während der Jahre
1989 – 1990 weitestgehend als sog. Abhubgrabung
durchgeführt. Diese Grabungsmethode wirft für
den vorliegenden Zusammenhang eine gewisse
Problematik auf. Für die in diesem Zeitraum freige-
legten Häuser III und IV ist in der Grabungsdoku-
mentation eine Brandschuttschicht vermerkt. Diese
Brandschuttschicht ist durch den Nachweis ausge-
wählter Funde (Beinartefakte, Münzen, Terra Sigil-
lata etc.), denen im Rahmen der Grabung höhere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde, konkret mit der
Brandschuttschicht der Periode II+ zu korrelieren.
Der Großteil des Fundmaterials (grobe Gefäßkera-
mik etc.), der während der Grabung keine selektive
Behandlung erfuhr, kann allerdings lediglich ver-
schiedenen Schichtpaketen (FNr. XY ad Abhub XY),
deren Straten mehrere Perioden, darunter auch die
Periode II+, umfassen können, zugewiesen werden.
Folglich ist in Fundkonvoluten dieser Abhübe kon-
kret mit Fundmaterial älterer und jüngerer Perioden
zu rechnen. Fundkonvolute der Jahre 1989 – 1990,
deren eindeutige Zuweisung an die Periode II/II+
nicht möglich war, mussten deshalb im Rahmen
der vorliegenden Arbeit ohne Berücksichtigung
bleiben, um das Fundspektrum der Brandschutt- schicht um 170 n. Chr. nicht durch die Berücksich-
tigung von Funden älterer oder jüngerer Perioden
zu verfälschen. Durch die Modifizierung der Gra-
bungsmethode und -dokumentation in den Jahren
1991 – 1992 und die gegenüber den Abhubnum-
mern konkreteren Fundzettelangaben wie »rötliche
Brandschuttschicht« etc., die eindeutig auf die Peri-
ode II/II+ zu beziehen sind, stellt sich die beschrie-
bene Problematik für Haus I, II und V nicht.
Aus den genannten Faktoren ergibt sich deshalb,
dass bezüglich den Funden sog. feiner und grober
Gefäßkeramik lediglich das vorgelegte Inventar von
Haus II als repräsentativ bezeichnet werden darf.
Das am UMJ aufbewahrte Fundmaterial aus der
Insula XLI war seit dem Ende der Ausgrabungen bis
zum Beginn der Fundmaterialbearbeitung des Ver-
fassers mehrmals umgeräumt und neu aufgestellt
worden. Zum Zeitpunkt des Beginns der Bearbei-
tung des Fundmaterials waren die Funde vorwie-
gend auf zwei verschiedene Depots aufgeteilt. Wei-
tere Fundstücke befanden sich in einer Außenstelle
des UMJ in Wagna (Museumspavillon: Römermu-
seum Flavia Solva). Trotz mehrmaliger sorgfältiger
Sichtungen der Fundbestände in den Depots des
UMJ durch den Verfasser konnten zwar nicht alle
relevanten Fundstücke sichergestellt, aber zumin-
dest nach den Aufzeichnungen der Grabungsdoku-
mentation und Publikation von 1996114 in die vorlie-
gende Arbeit integriert werden (vgl. Kap. 19.3).
Im Zuge der vom Verfasser durchgeführten Fund-
materialaufnahme wurden die gesamten identifizier-
ten Funde aus der relevanten Periode aufgelegt, um
über die Grenzen einzelner Quadranten, Häuser
oder Grabungsjahre hinausgehend möglicherweise
zusammengehörige Fragmente, primär Keramik-
scherben, erkennen zu können. Ziel war es, für
eine fundierte typologische Ansprache von Gefäßen
möglichst vollständige, im Idealfall komplette Gefäß-
partien zusammenzusetzen und Voraussetzun-
gen für eine möglichst vollständige zeichnerische
Rekonstruktion von Gefäßen zu schaffen. Wie an
den Katalognummern, die mehrere Fundnummern
verschiedener, meistens benachbarter Quadranten
vermerken, ersichtlich ist, beschränken sich Arte-
fakte, deren Fragmente über zwei oder mehr Quad-
ranten streuen (aber dennoch freilich aus derselben
Brandschuttschicht, die sich über mehrere Quad-
ranten erstreckt, stammen), auf einzelne Häuser.
Eine gewisse Problematik bezüglich der Provenienz
der Funde innerhalb eines Hauses ergibt sich durch
die Einteilung der Grabungsfläche in Quadranten,
der auch die Verortung der Herkunft des Fundma-
terials am Fundzettel folgt. Die sichere Zuweisung
von Artefakten an bestimmte Räume einzelner
Häuser wird dadurch erschwert oder ist sie z. T.
114 Groh 1996.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Title
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Author
- Christoph Hinker
- Publisher
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321