Page - 53 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Image of the Page - 53 -
Text of the Page - 53 -
53
Haus III (Abb. 3) war gegenüber Haus II in abwei-
chender Bautechnik errichtet worden. Über einem
Fundament und Grundmauerwerk aus Stein-Mör-
tel-Bindung waren Holzwände aufgeführt175. Die
drei festgestellten Räume K, L und M weisen einen
langrechteckigen Grundriss auf, wobei alle Räume
annähernd ähnliche Abmessungen besitzen, die
Räume K und L mit ihrer Langseite jedoch eine
Nord-Süd-Orientierung aufweisen, während die
Langseite von Raum M in ostwestlicher Richtung
orientiert ist. Die Gleichförmigkeit, aber unterschied-
liche Orientierung der einzelnen Räume erlaubt eine
kompakte Anordnung der Räume K, L und M mit je
zwei Schmalseiten (Räume K und L) entlang einer
Langseite (Raum M). Westlich dieses Bautrakts
erstreckt sich ein rechteckiger Hof (K/1). Die west-
liche Begrenzung des Hofs K/1 korrespondiert mit
jener des Hauses I, ist also gegenüber der westli-
chen Außenmauer von Haus II leicht nach Osten
versetzt. Die Südwestecke des Hofareals bildet
während Periode II/II+ gleichzeitig die südwestliche
Begrenzung der Insula XLI.
Während im größten Raum M lediglich eine einfa-
che Feuerstelle (F20) festgestellt werden konnte,
waren die Räume K (F18) und L (F19) jeweils mit
einem Ziegelplattenherd ausgestattet176. In Raum K
war zusätzlich die einfache Feuerstelle F17 unterge-
bracht. Die Feuerstelle F18 ist an die die Räume K
und L trennende Nord-Süd-Wand angebaut. Raum
M war über ein Tor in der Südfront des Gebäudes
von der Straße K aus erreichbar. Alle drei Räume
waren mit Stampflehmböden ausgestattet177.
Haus IV ist östlich von Haus III situiert. Die beiden
Häuser sind offenbar durch einen etwa 5 m breiten
unbebauten Streifen von einander getrennt.
Haus IV (Abb. 3) weist weitgehend eine Haus III
entsprechende gemischte Bautechnik aus Holz- und
Stein-Architektur auf, die durch Fachwerkkonstrukti-
onen der Wände über Schwellbalken, die auf Stein-
fundamenten und Sockelmauern aus Stein-Mörtel-
Bindung ruhen, gekennzeichnet ist178. Haus IV
umfasst während Bauperiode II sechs Räume (N–S)
und einen Innenhofbereich. Der rechteckige Raum
R an der Nordwestecke des Hauses IV entspricht
weitgehend der Anlage in Steinmauertechnik aus
Bauperiode I (Raum K). Insgesamt weist Raum R
eine gemessen am übrigen Baubestand der Insula,
besonders Haus II und Haus IV, eher aufwendigere
und sorgfältigere Bauausführung auf. Der Raum ist
mit einem Mörtelestrich ausgestattet und über eine
in die Südflanke eingelassene, von zwei Zungen-
175 Groh 1996, 67.
176 Groh 1996, 66. 223 Plan 5.
177 Groh 1996, 68.
178 Groh 1996, 70. mauern eingefasste Tür zugänglich179. Die beiden
während Periode II jeweils durch eine Baufuge an
die Begrenzungsmauer M33 des Raumes R ange-
setzten Zungenmauern M56 und M57180 erlauben
vielleicht die Rekonstruktion eines Vordaches, um
den Zugang zu Raum R möglichst trocken zu hal-
ten. Diese Annahme würde mit der für Raum R vor-
geschlagenen Interpretation als Vorratsraum korres-
pondieren (vgl. Kap. 10).
Der Raumkomplex N-O-P-Q besteht aus vier Räu-
men von jeweils unterschiedlich dimensioniertem
rechteckigem Grundriss. Diese Räume sind jeweils
mit einem Stampflehmboden versehen. Die Räume
N, O und P sind jeweils mit einer Feuerstelle (F33,
F32, F31) ausgestattet181. Bei den Feuerstellen F31
und F32 handelt es sich um Ziegelplattenherde.
Raum O ist gegenüber den Räumen N, P und Q flä-
chenmäßig wesentlich kleiner dimensioniert. Raum
S ist mit einem Stampflehmboden ausgestattet und
entspricht sonst Raum L der ersten Bauperiode182.
Die südlichen Außenbegrenzungen der Häuser
III–V bilden während Periode II/II+ die Südfront der
Insula XLI.
Östlich von Haus IV befindet sich Haus V (Abb. 3),
von dem mehrere Räume untersucht werden konn-
ten. Die gemischte Holz-Stein-Architektur dürfte
weitgehend jener von Haus IV entsprechen.
Entlang der südlichen Außenmauer der Insula lie-
gen die Räume X/1, X und Y, die nur teilweise
ergraben werden konnten. Die Räume X/1 und X
waren mit einem Lehmboden und Wandverputz
ausgestattet183. In Raum X ist an der Südmauer
die Feuerstelle F35 positioniert184. Raum Y ist mit
einem Lehmboden und der Feuerstelle F36 ausge-
stattet, die an einer Holzfachwerk- und Flechtwerk-
Trennwand positioniert ist185. Das Verputzfragment
aus verziegeltem Lehm Kat. 432 illustriert die Kon-
struktion von Ruten-Flechtwerk-Wänden in Haus
V mit Ruten von etwa 1 – 2 cm Durchmesser (vgl.
Kap. 11.1.2.7). Die Räume Z/1 und Z/2 wurden in
die Räume P/1 und P/2 der Bauperiode I eingebaut,
Z/2 wurde mit einem Mörtelestrich ausgestattet186.
Auf dem Areal nördlich der Häuser IV und V wurden
Reste eines weiteren Hauses (VI) festgestellt.
Von Haus VI (Abb. 3) konnten fünf Räume teil-
weise ausgegraben werden. Die Mauern waren
in gemischter Holz-Stein-Bauweise, im Fall von
179 Groh 1996, 69.
180 Groh 1996, Plan 6.
181 Groh 1996, 71 f. Abb. 51; 223.
182 Groh 1996, 72.
183 Groh 1996, 77.
184 Groh 1996, 77. 223.
185 Groh 1996, 77 f. Abb. 53; 223.
186 Groh 1996, 43. 80 Plan 11. 13.
back to the
book Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva"
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Title
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Author
- Christoph Hinker
- Publisher
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321