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definierten Mindestlaufzeit des Typs 1 von spätflavi-
scher Zeit bis mindestens in die Dynastie der Seve-
rer nahe. Anhand der Größe darf vielleicht zumin-
dest für einzelne Typvertreter von einer Funktion als
Vorratsgefäß ausgegangen werden.
Der Variante 1.1 werden im vorliegenden Fundma-
terial die Töpfe Kat. 115 – 119 zugerechnet. Diese
sind durch ein kantigeres Mündungsprofil und
einen gleichmäßiger proportionierten Gefäßkörper
gekennzeichnet. Abgesehen von Kat. 118 weisen
Typvertreter aus dem vorliegenden Fundmaterial
keine Gliederung der Halszone durch horizontale
Absätze oder Grate auf. Auch der auf den Töpfen
mit ausgebogenem Rand vom Typ 1 offenbar regel-
hafte Besen- oder Kammstrichdekor kann fehlen
(Kat. 115 – 116).
Sowohl der Topf Typ 1 als auch die Variante 1.1
werden von dem Fabrikat II dominiert.
Topf Typ 2 (Kat. 120
– 123)
Die Töpfe Kat. 120 – 123 können dem Typ 2 zuge-
ordnet werden. Dieser ist durch eine horizontal oder
aufwärts, nach außen orientierte, verdickte, rundli-
che Mündung gekennzeichnet. Charakteristisch ist
ein Einzug an der Innenseite des Mündungsprofils.
Typvertreter sind mit Besen- oder Kammstrichdekor
versehen.
Der definierte Typ 2 entspricht weitgehend dem
»Topf mit verdicktem, gerundeten Rand 2« aus
dem Vicus von Saaz, der nach der Periodisierung
des Vicus und Vergleichen aus datierbaren Fund-
zusammenhängen zeitlich vorwiegend vom ausge-
henden 2. Jahr hundert n. Chr. bis in severische Zeit
einzuordnen ist324. Eine entsprechende Ausdeh-
nung der definierten Mindestlaufzeit von Typ 2 liegt
nahe. Weitere Parallelen stammen aus Grünau325
und Rannersdorf326. Aus einer mittelkaiserzeitlichen
Brunnenverfüllung aus Grünau liegen zwei Töpfe
vor, die formal jeweils sowohl Merkmale der gene-
rierten Topftypen 1 und 2 aufweisen327.
Es könnte sich sowohl um Koch- als auch um Vor-
ratsgeschirr handeln.
Topf Typ 3 (Kat. 124 – 130)
Der Topf Typ 3 ist durch eine mitunter leicht ver-
dickte, leicht nach außen geneigte Mündung
gekennzeichnet. Eine Gliederung der Halszone
durch horizontale Grate oder Rillen entsprechend
324 Sedlmayer 2006, 156 f. Abb. 101 (mit weiteren Nachweisen
aus Flavia Solva-Wagna, Frauenberg, Gleisdorf, Kalsdorf,
Katsch, Pichling, St. Martin an der Raab, Stallhofen).
325 Fürnholzer – Hinker (in Druck) (Topf mit verdicktem, gerunde-
tem Rand, Grünau Kat. 5 – 6, 2. Jh. n. Chr.).
326 Schrettle – Tsironi 2007, 270. 302 Taf. 13, 19 (SE 97, 1.–2.
Drittel 2. Jh. n. Chr.).
327 Fürnholzer – Hinker (in Druck) (Topf mit schräg nach außen
gestelltem Rand und Innenverdickung, Grünau Kat. 2 – 3 und
13). den Töpfen vom Typ 1 fehlt. Besen- oder Kamm-
strichdekor liegt auf Typvertretern aus dem Brand-
schutt der Periode II/II+ der Insula XLI nicht vor.
Dem Typ 3 können die Töpfe Kat. 124 – 130 zuge-
ordnet werden.
Es könnte sich sowohl um Koch- als auch um Vor-
ratsgeschirr handeln.
Bemerkenswert ist der im vorliegenden Fundmate-
rial singuläre Nachweis des Fabrikats II.2 am Typ-
vertreter Kat. 130. Die geäußerten Überlegungen
zu einer weniger spezialisierten Produktion, viel-
leicht primär für den Haushalt-Eigenbedarf (vgl.
Kap. 11.1.2.2), werden vorerst durch Typvertreter,
die nicht nur formal, sondern auch hinsichtlich des
Fabrikats vergleichbar sind und aus dem ländlichen
Milieu (Krusdorf328, Ratschendorf 329) stammen,
bestätigt. Abgesehen vom vorliegenden Nachweis
in Flavia Solva-Wagna ergibt sich mit einer Kera-
mikscherbe aus dem Vicus von Gleisdorf330 bislang
eine gewisse räumliche Streuung dieser ›Ware‹ in
der Ost- bzw. Südoststeiermark.
Topf Typ 4 (Kat. 131 – 134), Variante 4.1
(Kat. 135 –
136)
Der Topf Typ 4 ist durch ein mitunter unterschnitte-
nes, annähernd dreieckiges Mündungsprofil, z. T.
mit Einsattelung und einen deutlichen Halseinzug,
gekennzeichnet.
Die Töpfe Kat. 131 – 136 sind dem Typ 4 zuzuord-
nen. Ähnlichkeiten bestehen zu den Typen T 3.5
»Topf mit Dreiecksrand« und VT 13 aus den Vici
von Gleisdorf331 und Kalsdorf332. Parallelen sind
am Frauenberg333 und in Flavia Solva-Wagna334
sowie in Kleinklein335, vielleicht auch in Krusdorf336,
nachgewiesen. Die Vergleichsbeispiele stammen
vorwiegend aus wesentlich jünger datierten Fund-
328 Hinker 2008a, 313. 322. 339 Taf. 1, 7 (Magerung: Quarz,
grob; Partikelgröße –0,5; reduzierend gebrannt, ohne Dreh-
scheibe handgeformt).
329 Mirsch – Hinker 2009, 443 f. Abb. 48 (ohne Drehscheibe
handgeformt, wenig sorgfältige Tonaufbereitung, niedrige
Brenntemperatur).
330 Klammer u. a. 2000, 77 Fototaf. 9, 98.
331 Klammer u. a. 2000, 77. 82 Fototaf. 9, 12 – 13 (Taf. 41, 293).
66 (Taf. 112, 361). 95 (Taf. 40, 284).
332 Pammer-Hudeczek 2009, 364 f. Typentaf. 3 (mit Nachweisen
aus Flavia Solva-Wagna, ohne Zitat); 360 f. Typentaf. 1 (mit
Nachweisen aus Carnuntum, Flavia Solva-Wagna, Gleisdorf,
Ovilavis-Wels und Zdele); 398. 461 Taf. 54, 36 (Grube 11, 2.
Hälfte 2. Jh. n. Chr.); 484 Taf. 77, 1; 406 (Grube 13, ab Mitte
4. Jh. n. Chr. [?]).
333 Steinklauber 2002, 86, Nr. 5 (GK.22. Var. 1); 99 Abb. 163;
237 f. 345 Taf. 61, 1 (F 228); 86, Nr. 7 (GK.22. Var. 3); 100
Abb. 165; 236 f. 343 Taf. 59, 3 (Grabbau 1-F 225/1-2).
334 Kainz 1989, 100 Taf. 1, 1. von oben. 2. von oben. Bauer –
Groh 1994, 610 Nr. 20 (Insula XLI/XXXIII, unstratifiziert).
Groh 1996, 192 Taf. 44, K173 – K181 (Insula XLI, Grube G7,
Bauperiode III+, nach 278 – Mitte 4. Jh. n. Chr.).
335 Gutjahr – Roscher 2004, 478 f. 483 f. Taf. 1 – 2.
336 Hinker 2008a, 315. 323. 341 Taf. 3, 27 (formal lediglich be-
dingt ähnlich).
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Title
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Author
- Christoph Hinker
- Publisher
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321