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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Page - 132 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

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132 konnte am Fallbeispiel Britanniens gezeigt werden, dass an Siedlungsstellen, für die mit einem höheren Romanisierungsgrad zu rechnen ist, Rinder- und Schweineknochen überwiegen, während Tierreste von Kleinwiederkäuern eher im Tierartenspektrum autochthon geprägter Siedlungen verhältnismä- ßig zunehmen732. Die Annahme, dass dieses Bild tendenziell auf Traditionen der jüngereisenzeitli- chen Nutztierhaltung zurückzuführen ist, wäre für Südostnoricum noch zu verifizieren. Die Befunde der Heiligtümer vom Frauenberg sind in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Zusammensetzung der Tierknochen wegen der vorliegenden kultisch bedingten Selektion nicht heranzuziehen733. Nach der Feststellung eindeutiger Bearbeitungs- spuren zur Gewinnung und Aufbereitung tierischer Nahrung sowie zur Erzeugung von Bein- und Horn- gegenständen (vgl. Kap. 11.2.2) sind etwa 1 326 g (117 Stück) der Tierreste als Artefakte, d. h. Tier- reste mit verschiedenen Bearbeitungsspuren, die von einfachen Schnittspuren bis zur Drechslerei reichen, anzusprechen. Während einfache Hack- und Schnittspuren primär mit der Fleischproduktion, Küchenabfällen oder Speiseresten zu verbinden sind, belegen typische Werkzeugspuren (Raspel, Säge etc.) die Produktion von Beingegenständen (vgl. Kap. 13.1). Etwa 1 548 g der vorliegenden Tier- reste weisen keine Bearbeitungsspuren auf, obwohl auch für diese Knochen und Knochenfragmente ein Zusammenhang mit der Fleischproduktion oder eine Deutung als Küchenabfälle naheliegend ist. Proble- matisch bezüglich einer Zuweisung von Beinarte- fakten an die Nahrungsauf- und/oder -zubereitung oder die Herstellung von Beingegenständen sind Sägespuren. Lediglich geringfügige Sägespuren an einem Knochen könnten auch mit der Zerlegung des Tieres durch den Metzger, z. B. bei der Portio- nierung von fleischtragenden Teilen im Rahmen des Handels, Bereitstellung von ›Suppenknochen‹ etc. in Zusammenhang zu bringen sein (vgl. Kap. 13.1)734. Dass sich verschiedene Arbeitsschritte zur Aufberei- tung tierischer Nahrung durchaus als verschiedene Spuren an Knochen abzeichnen können, zeigen zerhackte Rinderlangknochen aus Zwammerdam, die als Belege einer römerzeitlichen Suppenküche gedeutet wurden735. Hinsichtlich des Verarbeitungs- prozesses konnten Spuren vom Auslösen des Kno- chens, vom Abtrennen einzelner Knochen aus dem Verband und spezielle Spuren der Weiterverarbei- tung differenziert werden736. 732 Cool 2006, 80. 83. 733 Grill 2005, 177  –  180. 734 Dagegen und für eine ausschließliche Verknüpfung von Sä- gespuren mit der Beinverarbeitung: Deschler-Erb 2012c, 145. 735 Van Mensch 1974, 159  –  164. Skepsis zur Deutung des Be- fundes: Vanderhoeven – Ervynck 2007, 160. 736 Van Mensch 1974, 161. Von den zur Herstellung von Beingegenständen her- angezogenen Tierresten konnten immerhin 895 g oder 59 Stück hinsichtlich der Tierart mit einiger Sicherheit bestimmt werden. Deutlich zeichnet sich die bevorzugte Verwendung von Rinderknochen mit 877 g oder 57 Stück ab. Davon konnten immerhin 42 Stück hinsichtlich des bearbeiteten Knochens näher bestimmt werden. Diesbezüglich ist eine deutliche Bevorzugung von Lang- bzw. Röhrenkno- chen (22 Stück) sowie Schulterblättern (16 Stück) festzustellen. Bei lediglich drei Beinartefakten dürfte es sich um bearbeitete Rippenteile handeln. Ein Hornfragment (Kat. 609) stammt ebenfalls von einem Rind (Abb. 36). Lediglich 8 g oder zwei der zur Produktion von Bein- artefakten verwendeten Knochen stammen von Kleinwiederkäuern. Nach den vorhandenen Hack- und Schnittspuren, die auf den aus der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna stammenden Tierknochen beobachtet werden konnten, sind lediglich 171 g oder 13 Knochenfragmente primär als Küchenab- fälle anzusprechen. Die geringe Menge der vorlie- genden Küchenabfälle relativiert die Aussagekraft empfindlich, besonders hinsichtlich einer Betrach- tung nach Häusern der Insula XLI. Während für Haus IV bzw. Grube G32 mit 9 g oder einem Arte- fakt eine zu vernachlässigende Größe vorliegt, sind für Haus II immerhin 89 g oder acht Artefakte sowie für Haus V wenigstens 73 g oder vier Artefakte mit Hack- und Schnittspuren anzuführen. Hinsicht- lich der bevorzugten Tierarten und Teilstücke ist auf das Überwiegen von Rinderknochen (6 Stück), insbesondere Rippen (4 Stück), sowie Knochen vom Schwein (4 Stück), davon wenigstens zwei Beckenknochen, hinzuweisen. Drei Knochenfrag- mente (von Becken, Oberarm und Rippe), die als Küchenabfälle zu interpretieren sind, stammen von Kleinwiederkäuern. Sowohl fleischreiche Knochen (humerus Kat. 616, femur Kat. 619. 621) als auch fleischärmere Knochen (Unterkiefer Kat. 613) sind vertreten. Sowohl nach Gewicht als auch nach Menge stam- men die meisten Beinartefakte der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna aus Haus IV. Insgesamt liegen aus Haus IV 88 Artefakte oder 656 g an Tierres- ten mit Bearbeitungsspuren vor, die Periode II/II+ zuzurechnen sind. Die Verteilung der Beinartefakte im Bereich von Haus IV zeigt drei Konzentratio- nen: Raum P (23 Artefakte), Raum Q (36 Artefakte) und Grube G32 (22 Artefakte) (vgl. Kap. 10). Wei- tere fünf Artefakte stammen aus dem Bereich vor Raum Q und dürfen deshalb vielleicht diesem zuge- rechnet werden. Das Artefakt Kat. 587 stammt aus dem Bereich vor Raum P und dürfte somit diesem Raum des Hauses IV zuzuordnen sein. Das Artefakt Kat. 550 ist nach der nicht näher zu bestimmenden Fundlage in Quadrant G12 keinem der vier Räume
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Title
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Author
Christoph Hinker
Publisher
Österreichisches Archäologisches Institut
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
344
Keywords
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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