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Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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LOTHAR HÖBELT22 an eine automatische Übernahme öffentlicher Funktionen durch Adelige wie z. B. die Wiedererrichtung der Patrimonialgerichtsbarkeit, allenfalls in Form des englischen Traditionen entlehnten „Friedensrichters“.35 Die Definition des Adels, wie sie Belcredi vorschwebte, war keine rein ge- burtsständische: Denn das Inkolat sei inflationsweise vergeben worden, wie ihm Fürst Georg („Gox“) Lobkowitz einmal auseinandersetzte.36 Ein bloßer Briefadel, mit „Titel ohne Mittel“, sei keine Grundlage für öffentliches Anse- hen; die „Quelle seines Lebens“ sei nun einmal der Landbesitz, der „wahre Adel der begüterte“.37 In Abgrenzung zu den sozialen Aufsteigern, deren An- und Einkäufe er mit Ingrimm festhielt, umso mehr, wenn es sich bei ihnen noch dazu um Juden handelte, brachte Belcredi das Kriterium in Stellung, es solle sich um Familien handeln, die jahrhundertelang auf ihrem Erbe sa- ßen38 – ein Kriterium, dem freilich auch die Belcredis nicht wirklich gerecht werden konnten, die sich erst zwei Generationen zuvor in Mähren angekauft hatten. So kam auch ein Magnat wie Lobkowitz, der seinen böhmischen Stammbaum nun tatsächlich bis auf die Zeit vor dem Weißen Berg zurück- verfolgen konnte, zu dem Urteil, eine solche Unterscheidung sei eigentlich nicht zu treffen. „Viele, die ursprünglich Fremde waren, sind im Laufe der Jahre bessere Söhne des Landes geworden […] als Viele, die ihrem Namen nach Eingeborene sind, aber nach Lebensweise und Gesinnung nicht mehr zu ihnen gerechnet zu werden verdienen.“39 Die Belcredis hatten 1781 zwei Herrschaften gekauft, Lösch (Líšeň), in der unmittelbaren Umgebung Brünns (heute schon eingemeindet), und In- growitz (Jimramov), in den böhmisch-mährischen Höhen, in einer Gegend, die zum Rückzugsgebiet des Geheimprotestantismus gehörte.40 Die Familie verfügte damit nach der Grundentlastung über ca. 3000 Hektar. Das war wenig, verglichen mit den Liechtensteins, dem Erzbischof oder den Dietrich- 35 Tb. 29.1.1854, 28.5.1850. 36 „Das vor dem Jahre 1848 zum Besitz landtäflicher Güter nötige Inkolat ist im Laufe der Jahre so Vielen verliehen worden, daß ein meritorischer Unterschied zwischen denen, die es haben, und denen, die es nicht haben, eigentlich nicht existiert.“ (Brief vom 21.2.1869). Lobkowitz sah zwischen dem „beweglichen Vermögen“ und den „Grundbesitzern“ zwar „in den Extremen“ einen „unversöhnlichen Gegensatz, aber die Abstufungen zwischen beiden sind, namentlich bei uns [in Böhmen], so subtil und so zahlreich, daß ich es mir selbst nicht zutrauen würde, immer das Richtige zu treffen, wo es sich um die Beurteilung eines einzel- nen Falles handeln würde.“ 37 Tb. 24.8.1855, 25.1.1857. 38 Tb. Ende Oktober 1865. 39 Lobkowitz fuhr fort: „Ob ein Bauer Deutscher oder Böhme sei, darüber ist kein Zweifel, ob aber ein Großgrundbesitzer Deutscher oder Böhme sei, das hängt ja eigentlich doch nur davon ab, was er sein will.“ (Brief vom 21.2.1869). 40 Beide Gemeinden wurden fast ausschließlich von Tschechen bewohnt. Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Title
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Authors
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Editor
Jiří Malíř
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
1144
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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