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habuisse dolorum696 ist wahr und viele nehmen an dem Schmerze teil, die
noch an Gott und Recht glauben und überzeugt sind, dass unser armes Va-
terland nur auf dieser Grundlage erhalten werden könnte! Gott weiß es, zu
welchen Experimenten man nun seine Zuflucht nehmen wird. Eines aber
scheint mir sicher zu sein, dass man sich kaum den Prinzipien des Rechtes
zuwenden, sondern im Gegenteil je weiter, desto mehr abwenden werde.“
Lösch, 9. Februar 1867
Dann brachte die Post Zeitungen und Briefe, darunter einen von Clam-Mar-
tinic. Erzherzogin Sophie697 sagte vor kurzem, es sei doch schrecklich, dass
er – Clam – an der Zerstörung Österreichs arbeite!
Leider tun dies – wohl unbewusst – die A[ller]h[öchsten] Kreise, wie die
letzte Abstimmung der Erzh[erzö]g[e] Albrecht und Wilhelm bei der Land-
tagswahl bewies.698
Pražák meinte neulich anlässlich der ungar[ischen], auf Privatwegen
errungenen Erfolge, unser Adel sei zu tätig. Ich entgegnete ihm, in unsren
höchsten Kreisen seien die Ungarn privilegierte Hochverräter, wi[r] aber, so-
bald wir uns regten – und Clam-Martinic, Leo Thun, ich und mehrere andre
seien dies auch, aber ohne Privilegium. Wir schaden leicht mehr, als wir nüt-
zen, denn man fürchte sich nicht vor uns.
Dann Briefe geschrieben und beantwortet.
Die Landtagseröffnung ist auf den 18. verschoben. Sobald etwas Klarheit
in die Situation kommt, gehe ich nach Prag, und wenn möglich, noch nach
Wien.
Wir haben nun in Mähren und Böhmen eine imposante Majorität. Große
Vorsicht in ihrem Gebrauch wird nötig sein, sonst erfolgt am Ende eine Auf-
lösung und Neuwahlen unter dem Druck einer fast noch allgewaltigen Re-
gierung.
Lösch, 12. Februar 1867
Vormittag in Brünn. Sitzung der Kriegsschaden-Erhebungsbezirkskommission.
Nachmittag Brief und Telegramm mit der Berufung nach Wien, und dort
mit Böhmen, Mährern, Krainern, Istrianern, Polen und Tirolern am 15. zu
beraten, wie in den Landtagen vorzugehen.
Nachrichten aus Wien lauten sehr ungünstig. Ich gehe morgen Nachmit-
696 Aesop, Fabulae 143: Solamen miseris, socios habuisse malorum: Es ist ein Trost für Un-
glückliche, Gefährten im Unglück zu haben.
697 Die Mutter Kaiser Franz Josephs. Eine ähnliche Äußerung wird auch von Eugen Czernin
überliefert.
698 Eintragung vom 6.2.1867.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115