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Geschichte
Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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LÖSCH, 15. JUNI 1875 425 Abends beim Tee sprachen wir von dem kompletten Mangel einer Seel- sorge für die über 100 000 Seelen betragende böhmische Bevölkerung von Wien und die grobe Vernachlässigung der vornehmsten Pflicht des Bischofs. Ich erzählte ihm die Geschichte jenes Pfarrers, der in eine böhmische Pfarre an der mähr[ischen] Grenze kam und zu seinem Schreck mit seinen Pfarr- kindern nicht sprechen konnte, wie sie mir vor Jahren der Prälat von Rai- gern erzählte. Der gewissenhafte Pfarrer verlangte seine Versetzung in eine deutsche Pfarre, wurde aber schroff zurückgewiesen und bedeutet zu blei- ben, wohin man ihn gesandt habe. Nachdem er nun nach verlorenen 2 bis 3 Jahren genügend böhmisch mit unsäglicher Mühe gelernt, ward er – ohne es zu verlangen – in eine deutsche Gegend versetzt. Zur Bestätigung dieser unqualifizierbaren Seelsorge erzählte Meravig- lia, vor wenig Jahren sei der Malteser Ordenspriester Slavik auf die slawi- sche Ordenspfarre in Rabensburg in Niederösterreich installiert worden.1048 Dort fand er die Weisung des Bischofs – des Kardinals Rauscher – im Mo- nat 3 Sonntage deutsch und 1 Sonntag böhmisch der nota bene stocksla- wischen Bevölkerung zu predigen. Er half sich gegen den Unsinn und das himmelschreiende Unrecht damit, dass er das Evangelium deutsch las und einige Worte darüber sagte, um dann, da ihn niemand verstand, das Ganze böhmisch zu wiederholen und in der Predigt weiter auszuführen. Zur selben Zeit kam auch ein deutscher Schullehrer nach Rabensburg, der, als er sich slawischen Kindern gegenüber sah, seine Versetzung be- gehrte und erlangte. Die Schule blieb aber dann ganz ohne Lehrer und ward aus Erbarmen durch den Kaplan versehn. Der Pfarrer aber ward gemaßre- gelt und schikaniert, bis er dessen müde die Versetzung auf die materiell viel geringere Pfarre Sta. Maria della victoria in Prag1049 erlangte. Und das Memorandum, welches die Wiener Böhmen dem „gewissenhaf- ten“ Hirten im Jänner überreichten, in welchem sie um Seelsorge bitten und welches sie vor einigen Tagen im „Vaterland“ veröffentlichten, ist seit 6 Mo- naten nicht beantwortet!1050 Lösch, 15. Juni 1875 Heute um 8 Uhr ins Kloster zur Religionsprüfung gelegentlich der kanoni- schen Visitation. Wie immer bestanden die Mädchen sehr gut. Dann in die 1048 Rabensburg an der Thaya, an der mährischen Grenze gelegen, wurde 1919 nicht wie Feldsberg und Unter-Themenau an die Tschechoslowakei abgetreten. 1049 Die Kirche Santa Maria della Vittoria (Maria vom Siege) auf der Prager Kleinseite. 1050 Denkschrift an Se. Eminenz Cardinal Rauscher wegen Einführung der böhmischen Seelsorge in einigen Kirchen Wiens, in: Das Vaterland, 9.6.1875, 2. Sie weist das Datum 17.1.1875 auf.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Title
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Authors
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Editor
Jiří Malíř
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
1144
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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