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Ich: „Wozu hast du dann überhaupt die Wahl angenommen? Und ich muss
dich dazu noch aufmerksam machen, dass die Nichtbeteiligung an Aus-
schüssen, in welche man gewählt wird, der Geschäftsordnung speziell, und
im Allgemeinen dein Vorhaben dem an Eides statt abzulegenden Gelöbnis
widerspricht.“
Er: „Das ist mir gleichgültig.“
So denkt der größte Teil des Adels und handelt so ohne Ernst, ohne Würde
und ohne Pflichtbewusstsein, und dann soll ihn ein Volk achten und demsel-
ben die Ehrenstelle an seiner Spitze einräumen.
Das alles sind sprechende Zeichen des Niedergangs und Zerfalls, gegen
welche ich seit mehr als 30 Jahren durch Beispiel, Wort und Schrift anzu-
kämpfen, vergebens bemüht war!
Nach der Wahl sagte Podstatzky Philipp Stillfried, er verbleibe doch bei
der konserv[ativen] Partei, obgleich er sich ohne ihr Wissen von Trautt-
mansdorff kandidieren ließ. Selbst von polit[ischer] Schicklichkeit, ge-
schweige denn Disziplin, keine Spur.
Brünn, 28. Juni 1880
Morgen wird der Landtag schon geschlossen. Nach kaum 3 Wochen und
nach einer Pause seit dem 12. Oktober 1878. So werden die Geschäfte des
Landes besorgt.
Früher drängte die verfassungstreue Regierung dazu. Jetzt tut es die libe-
rale Majorität, damit nur im Lande nichts, in Wien alles geschehe.
Das Budget weist ein Mehrerfordernis auf, muss gedeckt werden. Also
Erhöhung des Zuschlags. Und um diesen nicht gleich auf das volle Erforder-
nis zu erhöhen, Pump beim Grundentlastungsfonds, wodurch die Schuld des
Landes – bei einer Schuld der Reichshälfte von über 3 000 Millionen – auf
rund 8 Millionen steigt.
So geht es mit Hast in den Abgrund.
Und da steht man dabei und kann nichts ändern, und jede Warnung ver-
hallt.
Lösch, 3. Juli 1880
Gestern Nachmittag in Brünn mit den Herrn des Hlas-Konsortiums eine Or-
ganisation der Partei beraten, um, wenn möglich, der Desorganisation im
Lande zu steuern. Programm und Plan entworfen und vorgelegt.
Nachmittag [3. Juli 1880] abermals in Brünn die valná hromada Matice
Besedního domu abgehalten. Eine darauf folgende valná hromada Matice
velehradské kam aus Mangel an Teilnehmern nicht zustande.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115