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Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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LÖSCH, 6. JULI 1882 631 Nach der hl. Messe eine Deputation des mähr[ischen] Zentralvereins der Gewerbetreibenden aus Brünn empfangen, welche mir ein etwas konfuses Projekt zur Bildung eines Vereins und Gründung eines Journals für gewerb- liche Interessen vortrug und mein Urteil darüber erbat. Die Mitteilung des- selben nach näherer Information versprochen. Die Leute sind wenigstens tätig. Die Post brachte wie gewöhnlich eine Anzahl Briefe, darunter einen des Herrn von Schaeffer, der seinen angenehmen Besuch ansagt, und einen des Mechanikers Schneider in Wien,1543 der ganz interessant meine in der Ver- sammlung am 29. v. M. in Brünn gehaltene Rede, den Normalarbeitstag etc., bespricht. Schließlich erklärt er mich für einen Sozialisten. Unverstand und Bosheit werden dies bald allgemein tun und damit meine Reformbestrebungen auch in jenen Kreisen, welche denselben nicht von vornherein abhold sind, lahm legen. Dann folgt der Krach, den ich verhin- dern wollte, die Revolutionäre aber herbeiführen wollen. So wird auch hier der Unverstand der Bosheit Handlangerdienste leisten! Pfarrer Ján Novotný zu Tische herübergekommen. Einiges, die Redak- tion des Hlas betreffend, und seine Haltung in den Gewerbe- und volkswirt- schaftl[ichen] Fragen besprochen. Dr. R[udolf] Meyer ist, da er schon im letzten Briefe über totale Schlaflo- sigkeit klagte, wie ich besorge, ernstlich erkrankt. Er hätte sonst gewiss über meinen Nachtragsbericht zum Gewerbegesetzentwurf und die Rede am 29. v. M. an mich und ins Vaterland geschrieben. 1543 Ernst Schneider (1845–1913), MöAH (1891–1907) (christlichsozial), „Mechaniker“ (Erzeu- ger von Präzisionsinstrumenten: er beschäftigte rund fünfzig Arbeiter und war damals gerade mit der Einrichtung der Sternwarte betraut) in Wien, einer der ersten Wortführer der antisemitischen Bewegung, kandidierte 1882 in Hernals erstmals für den Reichsrat; in seinen Briefen vom 3.7., 2. u. 9.8.1882 argumentierte Schneider, der Normalarbeitstag könne nur unter der Voraussetzung gleicher Produktionsbedingungen mit der auslän- dischen Konkurrenz, sprich: bei entsprechenden Schutzzöllen eingeführt werden, man müsse dann aber auch Minimallöhne einführen. Er sei „Sozialist, so wie es jedermann ist, der sich um öffentliche Angelegenheiten kümmert, so wie es Fürst Bismarck, so wie es Sie, so wie Taaffe, so wie es wegen meiner Kronawetter ist“; Belcredi antwortete: „Ich bin Sozialist, in dem Sinne, daß ich soziale Forderungen akzeptiere, um größere Ausbrüche zu vermeiden.“ Schneider wollte den Gewerbe- und Arbeiterstand „österreichisch natio- nal“ machen (weshalb er 1883 mit Schönerer brach); Belcredi missverstehe ihn, wenn er glaube, er sei „für einen blutigen Kampf gegen das Judentum eingenommen“, frage sich jedoch angesichts der lauen Haltung des Episkopats: „Hat der Klerus nicht alle Ursache, dafür zu sorgen, dass der Krieg gegen die Juden einmal losgehe.“ Gegen Schneider publi- zierte im Februar 1889 die Broschüre Oscar hein, Der Experte des Grafen Egbert Belcredi. Porträt eines „Vereinigten Christen“, Wien 1889, nachdem sechs liberale Abgeordnete sich geweigert hatten, einer Enquete beizuwohnen, zu der Schneider als Experte eingeladen worden war; vgl. Boyer, Political Radicalism, 94.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Title
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Authors
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Editor
Jiří Malíř
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
1144
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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