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LÖSCH, 22. SEPTEMBER 1883 685
rungspartei, welche sich Mittelpartei nannte, bei jedem Anlass, besonders bei
Wahlen, zu verstärken. Allerdings ging es nicht recht vorwärts mit all den
verschiedenartigen Leuten, aus welchen sie bestand, von welchen ein jeder
„Führer“ sein wollte. Die Auflösung des kons[ervativen] Wahlkomitees, die er
offen anzustreben erklärte, und damit der kons[ervativen] Partei selbst, miss-
lang, und nur hie und da gelang es seiner Tätigkeit und Gewandtheit, irgend-
ein schwaches, wenig zurechnungsfähiges Glied derselben, wie den Kardinal
Fürstenberg, seinen Bruder Ernst u. a., hinüberzulocken. Der plötzliche Tod
seines Bruders soll ihn nun der finanziellen Schwierigkeiten enthoben haben.
Aus mir nicht bekannten Gründen ward seine erbetene Erhebung in den
Grafenstand abschlägig beschieden, das „verkannte Verdienst“ verzichtete
auf die österreichische Staatsbürgerschaft und ward Preuße, was er im Her-
zen immer war.
Neulich allerlei Gaunereien von Dr. Sovadína – leider Šroms Associé – er-
fahren. So dass er für die nächsten allgemeinen Wahlen im Konitzer Wahl-
bezirk eifrig agitiert, um an Stelle Dechant Vodičkas1642 gewählt zu werden.
Zu den Fanderlíks, Kusýs etc. fehlte er uns gerade noch!
Lösch, 17. September 1883
Der Kardinalerzbischof hat sich also doch herbeigelassen, proprio motu seine
Wahlvollmacht nicht der „Mittelpartei“, sondern mir zu schicken. Pepi Fürs-
tenberg schrieb mir, S[ein]e Em[inenz] seien jetzt nicht gut zu sprechen über
Trauttmansdorff, Berchtold et tutti quanti.
Lösch, 19. September 1883
An Baron Vogelsang geschrieben und mich für die Publikation der über „Ar-
beiterverhältnisse“ gesammelten Daten erklärt.
Lösch, 20. September 1883
Nach dem Landtag soll der alte, auch früher ganz unfähige Landeshaupt-
mann Widmann seine Stelle, da er ohnehin nicht mehr gewählt würde, nie-
derlegen.
Wer wird sein Nachfolger sein?
Lösch, 22. September 1883
8 Einlagsbücher der Brünner Sparkasse dem Rentmeister zur Kündigung
übergeben. Macht zusammen rund 15 000 fl. Die Leute machen „deutsche“
Politik, recte Deutschtümelei, mit dem Gelde der Einleger. Werde den Hlas
1642 P. Franz Vodička (1812–1884), MmLT ab 1869, seit 1865 Pfarrer in Konitz, Autor von
Schriften über die hl. Cyrill und Method.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115