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1887824
Lösch, 20. September 1887
Šrom klagte dann über den Verfall des alten Adels mit Hinweis auf den Ver-
kauf von Tobitschau an den Juden und meinte, er sähe nur in der Errich-
tung von Fideikomissen ein Schutzmittel. Das ist ein trauriges, aber wahres
Kapitel. Wenn aber im Adel das Selbst- und Standesgefühl erloschen, das
Verständnis für und das Streben nach seinem sozialen Beruf und nach einer
diesem entsprechenden Stellung erstorben sind, dann helfen auch Fideiko-
misse wenig oder nichts.
Šrom erzählte mir auch, dass es Dr. Fanderlík war, der bei der letzten
Wahl in U[ngarisch] Hradisch die merkwürdige Kandidatur des Ministers
Gautsch vorgeschlagen und befürwortet habe! Der Abgeordnete Pavlica1949
und Graf Westphalen hätten dies bestätigt. H[err] Fanderlík ist ein rechter
Gauner, wofür ich ihn stets hielt.
Lösch, 21. September 1887
Ernst Tarouca geantwortet. Die böhmischen Herren – so schrieb er, was ich
übrigens schon wusste – „sind mit dem Vaterland unzufrieden (Warum?),
wollen es nur Leo Thun zu Liebe erhalten, dann mag es zum Teufel gehen!“
In den deutschen und Alpenländern ist es den Leuten zu „tschechisch“ und
hier zu „klerikal“.1950 – Unglaublich! Konservativer Marasmus?
Lösch, 22. September 1887
Dass Österreich der wilde Nationalitäten-Kultus am gefährlichsten sei,
wussten und praktizierten alle seine Feinde und Revolutionäre seit jeher
und betätigten Mazzini, Louis Napoleon und die Freimaurer in neuerer und
neuester Zeit. Nur ein Gegenmittel gab und gibt es, den festen Anschluss an
Rom, die Freiheit der kath[olischen] Kirche, Förderung des kath[olischen]
Geistes, Strebens und Lebens. Und das begreifen unsere Regenten und
Staatsmänner noch immer nicht!
Lösch, 23. September 1887
Hohenwart legte seinem gestrigen Brief 1 Ex[em]pl[ar] des Aufrufs zur
Gründung einer christl[ich-]sozialen Allianz bei, ohne ein Wort dazu oder
darüber zu sagen! Wohl ein Beweis, dass ich recht hatte, Rossetti S. J. zu
schreiben, er hätte keinen Sinn oder kein Verständnis für derlei wichtige
Dinge!
Abermals dem Vaterland eine Korrespondenz über die „Gewerbebewe-
gung“ und den dieselbe schädigenden Einfluss der Handelskammern ge-
1949 Josef Pavlica (1851–1906), MmLT ab 1884, Bauer und Bürgermeister von Hrozna Lhota.
1950 Siehe die Anmerkung zum Eintrag vom 17.8.1887.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115