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Wien, 25. Mai 1888
Heinrich Brandis sagte mir vorgestern im Vertrauen, Richard Clam habe
im 17er-Ausschuss bestimmt erklärt, er würde nach Abschluss des Sessi-
onsabschnittes das Mandat, damit die Vize-Präsidentschaft, niederlegen und
man habe mich zu seinem Nachfolger in Aussicht genommen. Die Annahme
werde ich mir noch sehr überlegen.
Wien, 28. Mai 1888
Wie so wenige Wert und Verdienst des Vaterl[an]d begreifen, zeigte wieder
der Spektakel in der Pfingstwoche wegen der Artikel über Schönerer-De-
monstrationen, dessen Tat doch nur – mag der Kerl auch sonst ein Schuft
und Hochverräter sein – ein gemeiner Bubenstreich und das gerichtliche Ur-
teil mehr als streng war.
Seine [des Vaterlandes] jahrelangen Mühen und Erfolge um Kirche, Reich
und Dynastie, seine Mitwirkung um die Umstimmung der Wiener Bevöl-
kerung, die sich wieder besinnt, christlich zu sein und von der nationalen
Hetze ablässt, seine mächtige Einwirkung auf den Klerus, die Arbeiten zur
Beseitigung sozialer Übel und Gefahren, die Belehrung auf vielen Gebieten
und den wichtigsten Belangen usw., usw. wird weder verstanden noch ge-
würdigt. Dafür will kaum jemand Opfer bringen. Ein schales Neuigkeits-
und Klatschblatt wäre weitaus den meisten lieber.
Wien, 3. Juni 1888
Vogelsang schrieb neulich, die Press-Sektion des künftigen Katholikentages
wolle ein konfessionsloses, nationalitätsloses, zentralistisches Blatt zu grün-
den beantragen! Welcher Blödsinn!
Wien, 5. Juni 1888
Wieder waren wir gezwungen, dem Volke kolossale Lasten aufzubürden und
den Beschluss über die konfessionelle Schule zu vertagen.
Unsere Kräfte im böhmischen Gr[oßg]rundbesitz sind sehr schwach, und
was wir bei Neuwahlen erhalten, außer Wilh[elm] Wolkenstein1994 und Fer-
dinand Deym, mehr als dies.
Dr. Eicke angewiesen, in der Press-Sektion [des Katholikentages] die För-
derung der bestehenden Blätter statt des Unsinns neuer Gründungen zu
empfehlen. Das ist der moderne, revolutionäre Geist, der nie reformieren,
sondern immer gleich Bestehendes verwerfen und Neues schaffen will, unbe-
dacht, ob es auch besser ist und sein kann.
1994 Wilhelm Graf von Wolkenstein-Trostburg (1836–1905), MöAH (1887–1907), übernahm das
Mandat von Graf Heinrich Clam-Martinic.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115