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Lösch, 27. Dezember 1888
Eine Anzahl kath[olischer] Edelleute und wenige Stifter und Bischöfe haben
das Verdienst, im Vaterland das erste und einzige große katholische und
konservative Blatt in Österreich gegründet und bis heute allein erhalten zu
haben.
Ihre Reihen hat seit 1860 vielfach der Tod gelichtet, und die Zahl jener,
welche ihre Standespflicht begriffen und dieselbe mit Opfern ausgeübt ha-
ben, ist leider immer geringer geworden! Nur selten sind neue in ihren Kreis
getreten.
So und mit den geringen Mitteln lässt sich das Blatt nicht heben, nicht
den notwendigen Anforderungen gemäß gestalten, ja kaum erhalten. Der
erwachende christliche Geist in Wien hat einige Männer wie Dr. Gessmann
u. a. erweckt, die mir versprochen haben, nach Möglichkeit Geldmittel zu
beschaffen. Der Erfolg ist abzuwarten.
Wie das Blatt jetzt ist, allein stehend im Kampf mit der übermächtigen
liberalen Presse, kämpft es, wie Vogelsang sagte, mit einer Vogelflinte gegen
gezogene Geschütze, oder nach dem Ausspruch des geriebenen Juden Graf
gleicht es dem Stellwagen gegen die Eisenbahnen unter den Verkehrsmit-
teln.
Das Aufleben des christ[lichen] Bewusstseins in Wien und anderwärts
ist eine hocherfreuliche Erscheinung. Die Bewegung wächst und steigt und
kann, so erfreulich an sich, in bedenklich falsche Bahnen geraten, wenn ihr
die richtige Leitung ausbleibt, die Bischöfe es versäumen, sich an ihre Spitze
zu stellen.
Wie alles Neue wird sie auch in sonst nahestehenden Kreisen mit Miss-
trauen und Besorgnis, schon weil sie teilweise der Antisemitismus angeregt
hat, angesehen.
sind; die Arbeit wird als eine soziale Funktion (I) im wahren Sinne des Wortes gesehen;
sie wird respektiert, geschützt gegen die Übergriffe eines zügellosen Wettbewerbs, und
gegen die übermäßige Geldgier. Das Eigentum, der Besitz der Erde, des Bodens, auf dem
der Mensch sein Heim gebaut hat, aus dem er die Elemente seines materiellen Lebens
zieht, wo er die Wiege seiner Kinder aufstellt, wo er die Ackerfurche seiner Felder zieht,
wo er das Grab seiner Väter gräbt und den Altar seines Gottes stellt, wird keineswegs
als gewöhnliches Tauschobjekt betrachtet; es wird vor allem geschaffen in Hinblick auf
die Familie, den Wohlstand und die Stabilität des Heims, verbunden mit bestimmten
Pflichten, gewissen Leistungen unterworfen, welche ihm freilich den Charakter des sozial
Nützlichen geben, ohne das Recht des Einzelnen zu verkennen; die Arbeit kann, letzt-
lich dank des Wucherverbots, das mit rettender Unerbittlichkeit von der Kirche erhalten
wurde, sich frei an der Frucht ihrer Anstrengungen und ihres Schweißes erfreuen. – (I).
Keine öffentliche Funktion. Eine öffentliche Funktion ist ein Abgeben der Macht; eine
soziale Funktion ist das natürliche Wirken einer Organisation der sozialen Körperschaft.
Man muss den Wörtern ihre wahrhafte Bedeutung wieder zurückgeben.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115