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BRÜNN, 17. FEBRUAR 1891 949
An Šrom heute wegen der Kandidatur Riegers im hiesigen Wahlbezirk
geschrieben.2232
Die hiesigen Kandidaten taugen alle nichts. Riegers Wahl wäre eine Sa-
tisfaktion für ihn, eine Sühne des schmachvollen Undanks der Nation, eine
Verurteilung der jungtschechischen Aktion und eine Demonstration von
weittragender Bedeutung.
Der unselbständige, schwankende Neffe Louis schrieb mir von Wien, ich
möchte ihn nochmals für ein Reichsratsmandat in Böhmen empfehlen!
Jetzt könnte er es leicht im hiesigen Landwahlbezirk erhalten, wenn er
nicht anfangs geschwankt hätte, den Antrag einer Kandidatur in einem
„böhmischen“ Bezirk anzunehmen. Es könnte ihm dies in seiner „Karriere“ –
in welcher, als Gutsbesitzer in rein slawischen Gegenden – doch nicht scha-
den.
Gelegentlich der Volkszählung trug er sich – es vor mir wohl geheim hal-
tend – mit deutscher (!) Umgangssprache ein, und erst auf langes Zureden
anderer mit böhmischer!
Diese Rubrik der Umgangssprache wäre überhaupt ein Unsinn, wäre sie
nicht erfunden, um die Zahl der einer Nation Angehörenden zu verschleiern.
Mag jemand mit seiner nächsten Umgebung was immer für eine Sprache
sprechen, so kann dies nicht entscheiden. Die Umgangssprache kann für alle
– den Einsiedler ausgenommen – nur die Sprache des Landes und Volkes
sein, unter welchem man wohnt und lebt.
Lösch, 15. Februar 1891
Also unsre tapfere Mittelpartei hat bereits kapituliert und sich der Regie-
rung unbedingt zur Verfügung gestellt.
In meinen Aufzeichnungen geblättert und gefunden, dass ich mich im
J[ahre] 1878 wegen der Übernahme Welehrads durch die P. P. Redemptoris-
ten und 1881 durch die Dominikaner bemühte. Beides vergeblich.
Nun haben es die P. P. Societatis Jesu übernommen.
Tausendmal Deo gratias, der mich begnadigt hat, dies noch zu erleben.
Brünn, 17. Februar 1891
Um 2 Uhr die valná hromada Družstva Hlasu, um 5 U[hr] die Sitzung des
kons[ervativen] Wahlkomitees abgehalten.
Beschlossen: „Enthaltung von dieser, infolge der Ablehnung unseres An-
trags ganz aussichtslosen, also zwecklosen Wahl und Mitteilung dieses Be-
schlusses an die Gesinnungsgenossen.“2233
2232 Šrom lehnte den Vorschlag mit einem Schreiben vom 15.2.1891 ab.
2233 Dieser Beschluss betraf nur die Konservativen in der Großgrundbesitzerkurie. Die Listen
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115