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Bisher ist ihrer Opposition nur gelungen, H[errn] Plener in den langer-
sehnten Ministerfauteuil zu setzen, vielleicht gelingt es ihnen, noch Polen
und Linke zu vereinigen und gegen diesen gewährte vollste Autonomie hier
die Deutschen zur vollkommensten Herrschaft zu bringen.
Dann ist der nationale Krieg erst recht entfesselt und kann mit einer
preußischen Okkupation zum Schutz der Deutschen enden.
Lösch, 22. November 1893
Die Rede Dr. Žáčeks, gehalten im Nationalklub am 18. d. M., Hlas, číslo 266,
ist ein echtes Advokatenkunststück.
Ein Gewebe von nicht bewiesenen Behauptungen und Widersprüchen.
Gestern haben nun auch die mährischen Abgeordneten im R[eichs]rat be-
schlossen, in die Opposition gegen das – aller Welt noch ganz unbekannte
Regierungsprogramm – und deshalb in den jungtschechischen Klub einzu-
treten. Ein Unikum in der politischen und parlamentarischen Geschichte,
und so soll die „nationale Einheit“ hergestellt werden!
Was wird nun aus dem Národní klub werden?
Sein baldiger Zerfall?
Lösch, 25. November 1893
Allerdings hat hier [in Mähren] die Konfusion den Höhepunkt mit dem Ein-
tritt der mähr[ischen] Abgeordneten in den Jungtschechenklub erreicht.
Wir haben nun in Mähren: 1. eine kathol[isch] konservative, 2. eine ra-
dikale lidová (Volks-) Partei und 3. die Reste der eh[e]m[aligen] Národní
strana, jetzt Národní klub.
Die strana lidová (mährische mladočeská) will vom Národní klub (soge-
nannte Alttschechen) nichts wissen und selbständig hier wie in Böhmen vor-
gehen, wo auch ihre jungtschechischen Gesinnungsgenossen jede Verständi-
gung mit den Alttschechen abwiesen.
Lösch, 4. Dezember 1893
Herostrat warf den Brand in den Tempel von Ephesus aus Eitelkeit, Taaffe
aber die Dynamitpatrone ins Reich aus Dummheit. Als nach der Verkün-
digung der berüchtigten Wahlvorlage am 14. Oktober Hohenwart ihn frug,
was er gedacht und getan, erwiderte Taaffe: „Lass mich, ich weiß gar nichts
und frage Minister Steinbach!“
Unglaublich, aber wahr.
Herostrates hat den Tempel in Brand gesteckt, Taaffe aber vielleicht das
Reich! Seine Dynamitpatrone wird explodieren, wenn auch niemand weiß,
wann und wo, noch weniger aber, wie weit die Zerstörung reichen und was
ihre Folgen sein werden.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115