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ANHANG1062
Eine längere Dauer des bestehenden unnatürlichen Zustands – ein logi-
sches Unding – angenommen, was müssen seine nächsten Konsequenzen
sein?
Sie sind nicht schwer vorauszusehn. Etwa folgende:
Der Gr[oß]grundbesitzer, nicht mehr der ehem[alige] „Herr“, den Erinne-
rung, Gewohnheit und Sitte ebenso an den Besitz seiner Väter gekettet, als
sie ihn an die Pflicht mahnte, der Berater, Beschützer und Führer seiner
eh[e]m[aligen] Untertanen zu sein, wird gar bald das Unbequeme, materiell
Nachteilige, oft Unwürdige seiner jetzigen Stellung fühlen.
Die Gefühls- und Denkweise des eh[e]m[aligen] „Herrn“ wird ihm ja nicht
mehr eigen sein und Einfluss auf seine Entschlüsse üben.
Es wird ganz natürlich vor allem und ohne alle Rücksicht aus seiner
Zwangslage herauszukommen suchen.
An dieses Ziel führen zwei Wege.
Der erste ist das Auskaufen der Bauern und größern Kleingrundbesitzer.
Heutzutage nicht kostspielig und schwer.
Das Ende: große Latifundien und die gesamte Landbevölkerung Taglöh-
ner auf denselben!
Der zweite ist die Zerschlagung des Gr[oß]grundbesitzes in möglichst viele
kleine Ackerparzellen, ihr vorteilhafter Verkauf und die Anlage des Erlöses
in zinstragenden Papieren oder Banken. Der Wald mag vorläufig noch un-
verkauft, das Schloss zum Sommeraufenthalt vorbehalten bleiben.
Am Ende dieser Entwicklung ist der Edelmann aller Tracasserien, aber auch
des Grund und Bodens und seiner Verpflichtungen ledig, zum Rentier und Ku-
ponabschneider, zu voller sozialer Bedeutungslosigkeit herabgesunken.
Der eine wie der andre Weg führt ins Verderben und zur Schlusskatastro-
phe, [zum] radikalen sozialen Umsturz.
V.
Das gezwungene Verbleiben in der Gemeinde, ein Verhältnis, welches im-
mer unleidlicher werden muss und wird, führt notwendig auf einen der bei-
den Wege. Beide führen ins Verderben.
Doch wenige begreifen dies heute und das „Principiis obsta etc.“2456 gehö-
ren zu den Warnungen, die meist unbeachtet verhallen.
Doch einen Weg gibt es, den drohenden Gefahren und dem Unheil zu ent-
gehn. Dies ist die Ausscheidung aus der Gemeinde, die selbständige Stellung
des Gutsgebietes, die Übernahme aller Rechte und Pflichten der Gemeinde
auf das Gutsgebiet, vornehmlich in Beziehung auf ihre Glieder und Angehö-
rigen, die Zuständigkeit, Heimatsberechtigung, Anspruch auf Armen- und
2456 Wehret den Anfängen.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115