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herüberragt aus dem politischen Vegetationsgebiet bis an den Fuß der Alpen. So
auffallend reich an Arten die Flora des Wienerwaldes ist und so interessant dieses
Gebiet für den Botaniker sein mag, so wenig großartig hingegen erscheint uns die
zoologische Fauna. Zu Beginn dieses Jahrhunderts wurden die letzten Bären und Luchse
erlegt, auch die Wildkatze mußte das Feld räumen, und nur noch hier und da in sehr strengen
Wintern taucht, über den Wechsel herüber kommend, irgend ein versprengter Wolf aus
Uugaru auf. Dachs, Fuchs, Fischotter, Edelmarder und die gewöhnlichen ganz kleinen
Raubthiere fristen in ziemlicher Zahl ihr uninteressantes Leben. Von Nutzwild sind es
Hochwild und Rehe, die noch überall im ganzen Gebiete, an manchen Stellen selbst in recht
bedeutender Menge vorkommen, doch weder in Stärke des Körpers, noch der Geweih-
bildung dem Auwilde unserer uiederösterreichischeu Donau-Auen vergleichbar; sie haben
nicht den Typus des östlichen Wildes, sondern schon ganz jenen des Gebirgswildes an
sich. Von Zeit zu Zeit wird auch ein Wildschwein in den Forsten des Wienerwaldes,
ein Flüchtling aus dem kaiserlichen Thiergarten, gesehen; mehrmals wurden in der
Umgebung von Baden uud Allaud Gemsen erlegt, die vom nahen Schneeberge in die
Vorgebirge herabkamen.
Die Vogelwelt ist, wie in den meisten großen Waldgebieten, sehr arm an Arten und
an Zahl der Individuen; dies tritt hier noch deutlicher dem Beobachter entgegen, da auch
alle die großen Raubvögel, welche die UrWaldgebirge des Ostens so sehr beleben, ganz
fehlen. Adler werden nnr äußerst selten gesehen; selbst der Kolkrabe fehlt. Der Mangel an
Wasserflächen, Sümpfen und Ebenen bringt diese Armuth an Vögeln mit sich; für das
Erscheinen der Hochgebirgsarteu ist die Entfernung von den Alpen doch eine zu große;
der stattlichste Vogel des Wienerwaldes ist der Auerhahn, und anch diesen findet man nur
iu geringer Zahl auf den südlichsten Bergen, um St. Corona und Fahraseld.
So groß auch die Waldcomplexe, so endlos die hochstämmigen Forste auf den langen
Bergrücken dem Wanderer auch erscheinen mögen, so ist deuu doch der Wienerwald ein
forstlich überall gut eultivirtes, von Wegen und Straßen durchzogenes Gebiet — ein
großer Naturpark, ein wilder Prater für die Wiener, dessen Reize in der Nähe der
Weltstadt und in der Lieblichkeit der grünen Landschaften zu suchen sind. Urwüchsige
Wildnisse, wie sie die in ihrem Charakter sehr ähnlichen Karpathenurwälder noch zu bieten
im Stande sind, darf man in dem von Touristenwegen durchzogenen, an Dörfern und
Gasthäusern, traulichen Landwohnungen und kleinen Cnrorten reichen Wienerwalde schon
lange nicht mehr suchen.
Auch in ethnographischer Beziehung ist gar manches Interessante verschwunden; die
alten Sitten und Bräuche und die so malerischen Costüme der Waldbauern sind auf
wenige, von den Bahnen noch nicht berührte Thäler, beschränkt; alles Andere ist dem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317