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vor der zweiten Türkeilbelagerung. Bei der damals geringen Veränderung der Physiognomie
von Stadtanlagen können wir annehmen, daß die genannten Städte anch schon im XV.
und XVI. Jahrhundert so ausgesehen haben.
Nachdem Wiens Belagerung begonnen hatte (14. Juli 1683), durchstreisteu alsbald
Abtheilungen des großeu türkischen Heeres, meistens Tatarenhorden, das offene Land
bis in die abgeschiedenen Thäler des Hochgebirges hinein. Wohin sie kamen, verbrannten
sie Kirchen und Pfarrhöfe, Schlösser und Bauerugehöfte, ja ganze Ortschaften mit allen
Vorräthen gingen in Flammen auf; die Bewohner wurden theils in die Gefangenschaft
geschleppt, theils ermordet. Weingärten und Äcker wurden verwüstet und der Boden, den
die Feinde betraten, zur Einöde gemacht. Die Ortschaften in der Umgebung Wiens hatten
am meisteu von ihnen zu leiden. Furchtbar war die Katastrophe, welche die Bewohner von
Perchtoldsdors, die sich in den an der Kirche seitwärts stehenden festen Thurm geflüchtet
hatteu, erlitten. Die obere Stadt Klosternenbnrg, vom LaienbruderMarcellin Ortner klug
vertheidigt, Wiener-Neustadt, Tullu und Herzogenburg, dessen Vertheidigung von dem
unerschrockenen Chorherrn Gregor Nast geleitet wurde, hielten sich tapfer gegen die
Türken. Auch die Besten Weißenburg und Plankenstein, die Schlösser Pielach und
Goldegg, sowie Markt und Stift Melk und St. Leonhard am Forst waren unbezwingbar.
Zwischen St. Pölteu und Wilhelmsbnrg hatten die Türken ein Standlager, von wo aus
sie plüuderud und mordend ins Traisen- und Gelsenthal aufwärts zogen.
Als am 24. Angust beiläufig 4.000 Türken bei Lang-Enzersdors die Donau über-
setzten und sich den Scharen des Pascha von Großwardein anschlössen, um die Vereinigung
des Königs Sobieski von Polen, der zum Entsätze Wiens heranzog, mit den übrigen
Hilssvölkern zu verhindern, wurde ihnen vom Herzog Karl von Lothringen am folgenden
Tage bei Stammersdorf eine vollständige Niederlage beigebracht.
Der glorreiche Sieg des 12. September vor Wien dnrch das vereinigte christliche
Heer hat nicht nur das schwer bedrängte, aber muthig vertheidigte Wieu befreit, sondern
auch Niederösterreich aus der Türkennoth errettet.
Noch einmal erlitt Niederösterreich unter Kaiser Leopold einen feindlichen Einfall.
1703 verwüsteten nämlich im Kriege des Franz Näköczy gegen den Kaiser die Kurntzen
das Viertel unter dem Manhartsberge und drangen schon bis Wien vor, dessen Vorstädte
aber Prinz Eugen dnrch die heute noch bestehenden Linienwälle befestigen ließ.
In die Negiernngszeit Kaiser Leopolds l. fallen die ersten ernstlichen Versuche,
Handel uud Verkehr, Gewerbe uud Industrie und selbst einige Zweige der Landwirth-
schaft zu heben und deren Erträgnisse durch besseren Absatz zu sichern, um die fiuauzielleu
und wirthschaftlichen Kräfte, die seit dem dreißigjährigen Kriege nahezu erschöpft waren,
zu beleben und zu stärken. Damals entstanden auch die ersten Fabriken in Niederösterreich,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317