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in Weibertracht gekleidet, unbemerkt das „Krapfaholz" auf den Herd, zündet es an und
ruft, sich aus dem Staube machend (Landersdorf, Bezirk Krems):
Der Teudlboß, das Dreschermahl, zählt in den größeren Bauernhäusern zu den
reichlichsten Mahlzeiten des Jahres und dauert meistens vom Mittag bis znm späten
Abend. Tendlboß heißt der Drescherschmaus vorzüglich im V. O. W. W. und im südlichen
Theile des V. O. M B. Sonst hat man dafür die Bezeichnungen „Dreschhahn", in der
Umgebung des Schneeberges „Tennhahn", am Wechsel „Stadlhahn", da in früheren
Zeiten ein geweihter schwarzer Hahn das Hauptgericht des Mahles bildete. Die besten
Theile des Thieres jedoch, Schenkel und Flügel, wnrden nicht verzehrt. Sie waren Opfer-
gabe, wodurch man im nächsten Jahre eine gute Ernte erlangen wollte.
Der Fasching gilt auch in Niederösterreich als die lustigste Zeit des Jahres, in
welcher reichliche Mahlzeiten mit Tanz und Maskeraden abwechseln und überhaupt frohes,
oft tolles Treiben herrscht. Der eigentliche Fasching dauert vom „feisten Pfingsttag"
(Donnerstag vor l)uin<zuaZesjma) bis zum Aschermittwoch; der diesem vorangehende
Montag heißt der „feiste Moutag". Hier und da (z. B. am Wechsel) unterscheidet man noch
jetzt den „großen" und den „kleinen" Fasching. Der erstere dauert vom LexaZesima-
Sonntag bis zum Aschermittwoch, der letztere wird am „Kathreiu-Souutag" vor dem
Advent gefeiert.
In den letzten Faschingtagen sind in manchen Gegenden (besonders V. U. W. W.
und V. U. M. B.) die Fuhrleute in den Einkehrgasthäusern zechfrei oder bekommen doch
Krapfen vorgesetzt und von der Kellnerin ein Sträußchen auf den Hut. Auch für die
Stammgäste steht auf den entsprechenden Tischen überall ein Teller mit Krapfen bereit.
Der „Faschingtanz" beginnt oft schon am Sonntag und endet in der Nacht vor dem
Aschermittwoch oder auch erst am Morgen desselben. Mancher sonst gesetzte Bursch haut
in diesen Tagen über die Schnur und „verthut" den lang gesparten Lohn in Gemeinschaft
mit seiner Schönen, die er „aushalten" und tüchtig tractiren muß.
Den Leichtsinn in den Faschingtagen charakterisirt das landläufige „Schnadahüpfl":
Seinen Höhepunkt erreicht der tolle Jubel iu den Maskeraden, den Narrenumzügen am
Faschingdienstag. Bursche kleiden sich in die lächerlichsten, abenteuerlichsten Costüme,
earikiren, auf einem Wagen sitzend, verschiedene Hantirnngen, wie der Schmiede, Bäcker,
Schneider, Schuster, Waschweiber und andere. Den Zug begleitet gewöhnlich eine
„Das Krapfaholz, das liegt am Herd,
D'Frau wird wissen, was den Dreschern g'hört. A Reiter* voll Krapfa, a Plutzer voll Wein,
Da können die Drescher brav lnsti' sein."
„Heut ist der Faschingtag,
Heut saus' i, was i mag. Morg'n mach' i 's Testament,
's Geld ist zu End'."
* Größeres Sieb.
Wien und Niederösterreich. 13
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317