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im Schnee oder in einer Grube, hier und da auch auf dem Düngerhaufen unter Nach-
ahmung der Begräbnißceremouieu und unter Jammergeschrei oder Katzenmusik begraben.
Zu Hirschbach im V. O. M, B> begräbt mau deu „Judeu". Ein Rabbiner mit langem
Flachsbart nimmt die Functionen vor; er murmelt einige unverständliche Worte aus einem
großen Buche, besprengt den Todten mittelst einer in Wasser oder Bier getauchten Gläser-
bürste und wiederholt diese Ceremonie vor jedem Wirthshause, an dem der Zug vorübergeht.
Natürlich wird überall getrunken. Den Leidtragenden voran geht die Mutter des „Moschel",
welche ein ohrenzerreißendes Klagegeheul anstimmt. Erst Abends „begräbt" man den
Juden, was darin besteht, daß man die Strohpuppe zerzaust. Am Aschermittwoch
den „Hafer zu schwellen" und „den Weizen zu beizen", während der Knecht daselbst die
„Pflugzwickel dechteln" (eiuuässeu, einweichen) muß. (Weit bekannt.) Auch sonst erscheint
der Fasching nicht losgelöst vom wirthschaftlichen Leben. So glaubt man: wenn beim
Faschingtanz die Mädchen hoch springen, werde der Flachs recht lang werden. (Ziemlich
allgemein.) Vom feisten Pfingsttag bis Aschermittwoch soll alle Arbeit ruhen, auch die
Spindel, denn das „Pfingstaweibl" würde das Gespinnst wieder auflösen und es würden
im Sommer viele Nattern sich zeigen. (Letzteres zu Hollenstein, Dbbsthal.) Am Faschingtag
(Dienstag) schmieren die Knechte das Riemzeug, damit die Zugthiere im Sommer nicht
von dem „Göß" oder „Glaphyrer" (der großen Bremse) geplagt werden.
Am „Gregoritag" (12. März) ist in vielen Gegenden das „Halterschnalzen"
gebräuchlich, weil an diesem Tage zuerst das Vieh ausgetrieben wird. Gegen ein kleines
Trinkgeld producireu die Halterbuben auch ein „Wettschnalzen". Beim Abendschmause im
Wirthshaus bildet der „Oaringschmalz" (die Eierspeise) das charakteristische Hauptgericht.
Am Faschingdienstag. ist an vielen Orten der Häriug-
schmaus, auch „Fischball" ge-
nannt, gebräuchlich. In Laa
und Umgebung (V. U, M. B.)
hat man dafür den Allsdruck
„Disteljäten" und bezieht den
Begriff auf den Acker, der auf
Grund des genannten Brauches
weniger Disteln hervorbringen
soll. Anderswo geht der Bauer,
der schon am Faschingniontag
dem Hafer „Wurzel getrunkeil"
hat, am Aschermittwoch noch
einmal ins Wirthshaus, um
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317