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Mahlzeit, bei welcher es meist schon recht fröhlich „hergeht", auch wenn beide Parteien
zuvor „sich ein wenig hart geredet" haben.
Der Bräutigam gibt der Braut — meist heimlich — ein „Drangeld", und zwar
einen „Zwiegulduer" oder auch einen Dukaten, zuweilen stellt er ihr ein schönes Kalb in
den Stall, welches dann am Hochzeitstage bekränzt wird. (Spuren des altdeutschen
Brautkaufes.)
Im Marchfelde sandte er früher der Erkorenen ein Schnupftuch oder einen Schuh.
Schickt die Braut die Angabe zurück, so „hat sie 's g'reut", das heißt sie ist anderen Sinnes
geworden und aus der Hochzeit „wird nichts". Im anderen Falle werden die Tage
bestimmt, an welchen das Brautpaar „vor 's G'richt geht", um die Heirat „aufsetzen",
„schreiben" zu lassen, und zum Pfarrer, um die Heirat anzusagen und das Aufgebot
(das „Verkünden", „Auskünden", „Vermelden") anzuberaumen. Nun wird das Brautpaar
ordnungsgemäß an drei Sonntagen nach der Predigt „von der Kanzel herabgeworfen"
(landläufige Umschreibung für den Begriff Aufgebot), wovon es nicht Zeuge sein will,
weßhalb es später in die Kirche kommt oder in einer anderen Pfarre den Gottesdienst
besucht. Vom ersten Aufgebot an trägt der Bräutigam einen großen „Hochzeitskutschen"
auf dem Hut.
Während der „Auskündzeit" sollen Bräutigam und Braut möglichst wenig öffentlich
zusammen gesehen werden und nicht mit einander tanzen. Will ein anderer Bursche mit
der Braut tanzen, so muß er den Bräutigam dazu um Erlaubniß bitten. Da der Bräutigam
nun aus dem Verbände der Burschen scheidet, so muß er den Kameraden „einen Austritt
zahlen", was in der Spende von Wein oder Bier und Brod besteht.
Eine wichtige Angelegenheit ist das „Hochzeitladen". In der Regel ladet der
Bräutigam die Gäste aus seiner, die Braut jene aus ihrer Verwandtschaft ein. Öfter aber
begleitet sie der Heiratsmann, ja in dem an Oberösterreich grenzenden Gebiete des
V. O. W. W. geht der „Leutbitter" zumeist allein einladen. (Daher sein Name.) Hut
und Stock der Hochzeitslader sind mit Blumensträußchen und Bändchen geschmückt. Ihre
Einladungsformel ist in der Regel ein längerer Spruch, welcher noch hier und dort ein echt
altehrwürdiges Gepräge zeigt. Am Wechsel z. B. lautet er: „Gelobt sei Jesus Christus!
Die Bitt' wird mir der N. (Nachbar, Göd u. s. w.) nit übel aufnehmen. Der Jungherr
Bräutigam mit seiner versprochenen Braut läßt 'n Nachbarn ganz freundlich grüß'n und
bitt'n, wenn (daß) der Nachbar so gut wär' und gäb' ihnen 's G'leit („Bloat") zu Wegen,
zu Straßen und Gassen hin und her ins heilig Gotteshaus, wo sich der Jungherr Bräutigam
geben laßt ein ehelich's Weib, deßgleichen d'Juugsrau Braut ein' ehelichen Mann. Sie
lassen sich verbinden mit Stola und Band — durch die geweihte Priesterhand, daß es
Niemand mehr auflösen kann als Gott der Allmächtige. Dann lassen's 'n Nachbarn ganz
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317