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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
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254 Unzulänglichkeit der Mittel. Dieses ganz moderne Prodnet, die Umgangs-, das heißt die dialeetisch beeinflußte, je nach dem individuellen Bildungsgrade und dem persönlichen Wortschatze verschieden gestaltete Schriftsprache ist eben allzu verschieden von der Mundart, einem altorganischen, historisch entwickelten Gebilde; diese zeigt sich aber an Ausdrücken aller Art noch viel reicher als jene. Der Wortschatz der österreichischen Mundart — alle jene Worte ausgeschlossen, die die Schriftsprache aufgenommen hat — zählt, so weit er lexikographisch gesammelt ist, nach Zehntausenden. Dazu kommt noch eine Fülle von Ausdrücken, zum Theile selbständig gesammelt, zum Theile aber auch noch gar nicht beachtet, die den verschiedenen Handwerken und Beschäftigungen eigen sind. Bezeichnungen für Pflanzen und Thiere, Körpertheile, Hausräume, Sinne, Sitten — Alles, je häufiger der Mensch das Ding zu uenueu gewohnt ist, hat seine besonderen und oft mannigfaltigen, oft sehr fein abgestuften Bezeichnungen. Ein Blick nach dem Speise- zettel, der den Fremden das erstemal wohl verblüfft, kann uns da belehren, wenn wir uns ganz geläufige Ausdrücke, wie: Schnitzel, Bries, Beuschel, Scherzel, Kruspel und viele ähnliche, die alle Theile des Rindes bezeichnen, hochdeutsch wiederzugeben versuchen. Dabei, wie gesagt, ein fast unübersehbarer Reichthum an Bildungen und Synonymen, deren Ausbreitungsgebiet innerhalb der Mundart selbst sehr verschieden ist; manche Wörter sind allenthalben üblich, andere nur auf eng umschriebenem Raume; abgeschlossene Thäler, wie die tiefeingeschnittenen Achengebiete Salzburgs und Tirols, sind besonders reich an selbständigem Wortschatze. Mitunter begegnen uns Ausdrücke von höchstem Alter. Die Macht der Volksgewohnheit, der konservative Charakter des Bauers, Abgeschiedenheit vom Weltverkehre, dabei intime Berührung innerhalb fester Grenzen sind die Factoren, die für die Bildung des Wortschatzes maßgebend sind. So bietet die Mundart ein Bild hoher Alterthümlichkeit; veraltete Ausdrücke, alte Fügungen, einfacher Bau blieben erhalten, die in der Schriftsprache längst untergegangen sind. Es ist beachtenswerth, wie treu, ja zähe das Volk an einzelnen Wendungen hält. So taucht eine uralte, vor einem Jahrtausend schon nicht mehr geschriebene Dualform des persönlichen Fürwortes, freilich verflacht zur Bedeutung der Mehrzahl, nach wenigstens sechshundertjähriger Bergflucht wieder auf, nm, in der Umgangssprache der Gebildeten gemieden, im Munde des Bauers bis heute fortzudauern, das bekannte es, enger, enk, enk. — Welche Perspective eröffnet es, wenn wir ein der Schriftsprache fremdes, bei uns allgemein verstandenes Verbum urasseu (mit einer Sache, besonders Speise, wählerisch, verschwenderisch gebaren) in der gothischen Bibel des Ulfilas lesen, unverändert nach Laut und Sinn, an der Stelle, wo vom armen Lazarus die Rede ist, wie er zu der Tafel des Prassers aufblickt! Vornehmlich die Orts- uud Familiennamen bieten reiche Belege; oft genug ist das einst klare Wort als heute uuverstandeue leere Bezeichnung stehen geblieben. In dieser Beziehung ist unser
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
Volume
4
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1888
Language
German
License
PD
Size
17.75 x 26.17 cm
Pages
380
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
Kronprinzenwerk deutsch

Table of contents

  1. Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
    1. Der Wienerwald 3
    2. Das Voralpenland 25
    3. Das Waldviertel 47
    4. Das obere Donaugebiet 64
    5. Das Wiener Becken 73
    6. Das Marchfeld 90
    7. Die Donau-Auen von Wien bis zur ungarischen Grenze 97
  2. Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
    1. Diluvial-, Stein-, Bronze- und Eisenzeit 123
    2. Römerzeit 135
  3. Zur Geschichte Niederösterreichs 145
  4. Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
    1. Charakteristik und Physische Beschaffenheit der Bevölkerung 183
    2. Das Jahr 189
    3. Geburt, Hochzeit und Tod 219
    4. Volkstracht 244
    5. Mythen, Sagen, Märchen und Legenden 247
    6. Volksmusik, Dialect und Dialectpoesie 251
  5. Die Architektur in Niederösterreich 263
    1. Römische Baudenkmale 263
    2. Ältere kirchliche Baudenkmale 264
    3. Renaissance und Barockzeit 275
    4. Das XIX. Jahrhundert 281
  6. Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
  7. Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
  8. Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317
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