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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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dabei um stilistische Differenzen der beiden Architekten oder bewusste gestalterische Entscheidungen des Bauherrn handelt, kann aufgrund des Verlusts der Zeichnungen nicht mehr festge­ stellt werden. Der Eintritt des jungen Walcher dürfte die Präsenz Wilczeks auf der Baustelle verstärkt haben, fiel aber auch in ein für die wei­ tere Baugeschichte entscheidendes Jahr : Damals nämlich wurde mit dem sogenannten Kaschauer Domgang die mit Abstand größte Spolie erworben, die dem bereits weit fortgeschrittenen Bau inte­ griert werden musste. In Kaschau / Košice war im selben Jahr die um 1450 entstandene spätgotische Westempore der Elisabethkir­ che im Zuge von Restaurierungsarbeiten vollständig demoliert worden.327 Wilczek entdeckte die Teile » vor dem Dom als Bruch­ stein zum Verkauf aufgeschichtet, ebenso schöne Wasserspeier, Sockel und Konsolen, und kaufte alles zum gewöhnlichen Materi­ alpreis. «328 Aufgrund des vorzüglichen Erhaltungszustandes und der relativen Vollständigkeit wurde die gesamte Empore unver­ ändert auf Kreuzenstein wiedererrichtet. Für den Einbau der Bo­ genfolge wurde der Burghof – wohl entgegen der ursprünglichen Planung – zweigeteilt.329 Sowohl der Gadem als auch das große Stiegenhaus, beide nach 1895 errichtet, mussten in Anlage, Kon­ struktion und Form der monumentalen Spolie angepasst werden. Eine 1898 / 99 in der » Wiener Bauindustrie­ Zeitung « publi­ zierte Aufnahme zeigt die Nordfassade des soeben fertiggestell­ ten Palas 〚 50 〛 : Am östlichen Ende dieses Traktes – dort, wo we­ nig später das Hauptstiegenhaus entstehen wird – stehen noch nackte Mauerreste, und Sparren ragen aus dem Dachstuhl über dem Palas. Auch die rund um die Burg laufende Wehrmauer ist hier zwar bereits aufgeführt, noch fehlt aber die Zinnenbekrö­ nung. An die Mauer des Palas lehnt sich eine heute nicht mehr vor­ handene Baracke, die vielleicht den Arbeitern als Werkstatt oder Unterkunft diente. 1898 veröffentlichte Camillo Sitte ( 1843 – 1903 ) im ersten Jahr­ gang der Zeitschrift » Kunst und Kunsthandwerk « – dem offiziel­ len Organ des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und In­ dustrie – den ersten umfangreichen Bericht über Kreuzenstein, der Auskunft über die Vorstellung gibt, die der Exponent des » Ma­ lerischen « bzw. » Organischen « im Städtebau vom Mittelalter hatte.330 Besonders beeindruckt war der Autor vom hohen kunst­ handwerklichen Niveau der Ausführung und dem harmonischen Zusammenspiel von Architektur und Ausstattung : » Nirgends eine Wiederholung, nirgends blosse Raumfüllung oder blosse architek­ tonische Gemeinplätze ; nirgends ist auch nur eine Spur von jener hastigen Eile zu sehen, mit der gegenwärtig selbst Monumental­ bauten höchster Bedeutsamkeit emporgejagt werden. «331 Damals 93Wiederaufbau
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kreuzenstein
Subtitle
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Author
Andreas Nierhaus
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
258

Table of contents

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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