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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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mit historischen Objekten, der darauf abzielte, ein historisch ge­ stimmtes » Milieu « herzustellen,555 gut mit dem zwar niemals be­ wohnten, dafür aber als fiktive Wohnung ausgestalteten Kreuzen­ stein vergleichen lassen. Beispiele allein aus dem Bekanntenkreis Wilczeks müssen an dieser Stelle genügen, um die Zusammen­ hänge klar zu machen. So besaßen die allesamt nicht erhaltenen Wiener Palais der Kunstsammler Karl Graf Lanckoroński, Baron Eugen Miller zu Aichholz und Baron Nathaniel Rothschild Innen­ ausstattungen, die zwar nicht in einer mittelalterlichen Formen­ sprache gestaltet waren, aber durch den geradezu exzessiven Ein­ satz » authentischer « historischer Ausstattungsteile und deren Arrangement den Interieurs der Burg Kreuzenstein an die Seite gestellt werden können. In jedem Fall handelte es sich um die Wohnräume von Sammlern, in denen diese in Gesellschaft der von ihnen zusammengetragenen Dinge lebten. Lanckoroński, ei­ ner der bedeutendsten Sammler Wiens, ließ sich zwischen 1894 und 1895 von den Architekten Fellner & Helmer in unmittel­ barer Nähe des Oberen Belvedere ein Palais in den Formen des Wiener Barock errichten, gefüllt, wie Hugo von Hofmannsthal schrieb, » mit Schätzen und débris der Vergangenheit «.556 Die In­ terieurs waren formal den jeweils präsentierten Schwerpunkten der Sammlung angepasst, den » Freskensaal « schmückten Wand­ gemälde Domenichinos aus dem Casino der Villa Aldobrandini in Frascati.557 〚 114 〛 Das Stiegenhaus des 1877 bis 1880 von Andreas Streit errichteten Palais für den Sammler Miller zu Aichholz in der Prinz Eugen­ Straße wiederum war in seinen Dimensionen auf drei Gemälde aus einem monumentalen Zyklus Giovanni Battista Tiepolos aus der Ca’ Dolfin in Venedig abgestimmt, die der Bau­ herr 1876 in Paris erworben hatte.558 In Nathaniel Rothschilds Pa­ lais in der Theresianumgasse, 1871 bis 1879 nach den Plänen des Pariser Architekten Jean Girette errichtet, war nicht nur die For­ mensprache des Außenbaus dem frankophilen Bauherrn geschul­ det ; im Inneren bildeten originale Wandvertäfelungen aus Pariser hôtels den passenden Rahmen für eine umfangreiche Sammlung, die einen deutlichen Schwerpunkt in der französischen Kunst des 18. Jahrhunderts hatte ; 〚 115 〛 das nach Entwürfen Hippolyte­ Alexandre Destailleurs zwischen 1876 und 1884 errichtete Palais von Nathaniels Bruder Albert in der nahen Prinz Eugen­ Straße wiederum war als klassische maison entre cour et jardin konzipiert und im Inneren ebenfalls mit originalen französischen Boiserien ausgestattet.559 Im Unterschied zu Kreuzenstein blieben die hier genannten Paläste der Öffentlichkeit in der Regel verschlossen. Wilczek entschied sich ganz bewusst gegen eine solche Inszenie­ rung und stellte stattdessen seine Sammlungen dem breiten Pu­ blikum zur Verfügung. Wenn die Wohnräume der Sammler wie 184 Herrschaft der Dinge
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kreuzenstein
Subtitle
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Author
Andreas Nierhaus
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
258

Table of contents

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und BauhĂĽtte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. AuĂźenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. FrĂĽhe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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