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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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30 Bilder, Nachrichten, Sensationen · Die Zeitungsstadt Wien um 1900 Auch in Österreich kommt es zur Herausbildung hegemonialer Strukturen. Neben den beiden Flagg- schiffen Das interessante Blatt und Wiener Bilder bleibt nur wenig Platz für die Konkurrenz. Der Grund dafür ist v. a. ökonomischer und struktureller Natur. Der Markt für deutschsprachige Zeitungen ist in der k. u. k. Monarchie klein.23 Nur acht von 53 Millio- nen Bürgern sprechen um 1900 Deutsch – ein Gut- teil davon lebt in ländlichen Gebieten –, die für die großstädtische Publizistik kaum empfänglich sind. Der Auflagenstärke illustrierter Wochenzeitungen sind somit – im Vergleich zu Deutschland, das weit mehr potenzielle Leser hat – enge Grenzen gesetzt. Geringere Auflagen ziehen auch geringere Werbeein- nahmen nach sich. Die niedrige Kapitalausstattung begrenzt die Möglichkeiten der technischen Moder- nisierung – ein Teufelskreis, dem die österreichische Presse nicht entkommen kann. Sensationelle Auf- lagensteigerungen wie sie etwa in Deutschland die Berliner Illustrirte Zeitung schafft, die 1894 noch wö- chentlich 23 000 Exemplare verkauft und die Auflage bis 1915 auf über eine Million steigern kann, sind in Österreich unvorstellbar.24 Eine der Folgen dieser Entwicklung ist, dass die österreichische Bildpresse bereits in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg im Vergleich mit der deutschen Konkurrenz ins Hintertreffen gerät – eine Tendenz, die auch in der Zwischenkriegszeit anhalten und sich noch deutlich verstärken wird. Die Schwäche der österreichischen illustrierten Presse macht sich in vielen Bereichen bemerkbar: etwa in der weniger modernen Vertriebstechnik wie in der Begrenzung des Anzeigenmarktes. Betroffen sind aber auch die grafische Gestaltung der Zeitungen, die technische Ausstattung der Redaktionen, die Bezahlung der Journalisten und Fotografen und vieles mehr. Ver- stärkt wird der Druck auf den österreichischen Zei- tungsmarkt auch dadurch, dass nach 1900 deutsche Zeitungskonzerne mit ihren Produkten zunehmend nach Österreich drängen. Siegmund Schneider, der Österreichs Illustrierte Zeitung leitet, beklagt 1905 die zunehmende „Überschwemmung mit Berliner Zei- tungsfabrikaten“.25 Deutsche Verlage vertreiben nun immer häufiger ihre illustrierten Mode- und Frauen- zeitschriften unter einem anderen Titel und inhaltlich leicht verändert in Österreich. So wird beispielsweise aus der Illustrierten Sonntags-Zeitung für unsere Frau- en in Österreich die Österreichische Familien- und Moden-Zeitschrift. Aus der deutschen Moden-Zeitung fürs Deutsche Haus wird in Österreich die Neue Wie- ner Moden-Zeitung.26 Die geschilderten Umstände tragen dazu bei, zu erklären, weshalb ein Großteil der österreichischen il- lustrierten Zeitungen vor dem Ersten Weltkrieg (aber auch danach) nicht sonderlich innovationsfreudig ist. Vor allem Frauen-, Mode- und gehobene Gesellschafts- blätter kultivieren ein konservatives, auf Beharrung setzendes Image. Ein Beispiel dafür ist das 1870 ge- gründete Wiener Salonblatt (Abb. 6), das im Untertitel (Österr.-Ungar. Adelsorgan) die Zielgruppe klar be- nennt. Ein anderes ist die 1889 gegründete Zeitschrift Sport und Salon, die ihre Adressaten ebenfalls im Un- tertitel umreißt: Illustrierte Zeitschrift für die vorneh- me Welt. Aber auch die führende Modezeitschrift des Landes, die 1888 gegründete Wiener Mode (Abb. 7), die sich als „vornehmstes und gediegenstes Frauen- und Modejournal“27 der Monarchie bezeichnet, bleibt bis in die 1920er Jahre klassisch-konservativ. Die Zeitschrift wendet sich an ein gehobenes bürgerliches oder aristokratisches Publikum. Die Fotografie als we- sentliches Gestaltungs- und Informationsmedium hält in dieser Zeitung erst sehr spät Einzug.28 Neugründungen nach 1900 Dennoch gibt es in den Jahren nach 1900 eine Rei- he von Zeitungsneugründungen, die von vorneherein stark auf die Fotografie setzen. Dazu gehören auch die illustrierten Wochenendbeilagen von Tageszei- tungen. Zwischen 1907 und 1919 erscheint etwa Der Sonntag als illustrierte Wochenendbeilage der christ- lichsozialen Reichspost. Von 1914 bis 1918 liegt dem Fremden-Blatt die illustrierte Beilage Welt-Bild bei. Diese orientiert sich sichtlich an der weitaus auf- wendiger und professioneller gestalteten Bildbeilage Welt-Spiegel des renommierten Berliner Tageblatts, die seit 1896 erscheint. Neben diesen Wochenendbeilagen von Tages- zeitungen gibt es auch Neugründungen eigenstän- diger Wochenillustrierter, die der Fotografie einen
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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