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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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111Der Propagandakrieg in der Praxis wiegend an der russischen Front. Zunächst arbeitet er für das illustrierte Blatt Tolnai Világlapja (Tolnais Weltblatt), später für die Budapester Zeitung Ország Világ (Land und Welt). Bertalan Mikovsky fotogra- fiert v. a. an der Ostfront und in Rumänien. Josef Perscheid arbeitet vor dem Krieg bei der „Berliner Illustrations-Gesellschaft“, zunächst in Berlin, dann in Paris, London und Wien, hier macht er sich selbst- ständig und wird Inhaber der Firma „Welt-Preß-Pho- to – Perscheid“. Er fotografiert bereits in den ersten Kriegstagen in Wien. Später ist der Fotograf an der österreichisch-russischen Nordostfront zu Russland, aber auch auf dem Balkan tätig. Franz Planer foto- grafiert v. a. in Galizien und an der Isonzofront. Seine Aufnahmen erscheinen hauptsächlich in Österreichs Illustrierter Zeitung. Der Wiener Bruno Reiffenstein ist seit 1916 Mitglied im KPQ. Emerich Révész, aus Budapest stammend, arbeitet als Fotograf für die in Budapest erscheinende Zeitung Érdekes Újság (Das interessante Blatt, das allerdings mit dem Wiener Blatt nur den Namen gemeinsam hat). Nikolaus Schindler, vor dem Krieg Amateurfotograf, leitet seit 1917 die Lichtbildstelle im KPQ. Der bereits erwähnte Carl (auch Karl) Seebald ist als Inhaber der „Illus- trationsunternehmung Carl Seebald“ tätig, daneben fotografiert er selbst. Die Firma hat ihre Zentrale in Wien und betreibt eine Filiale in Budapest. Die Kriegsfotografie ist fest in männlicher Hand. In den Reihen der österreichischen Fotografen, die im Auftrag des Kriegspressequartiers unterwegs sind, arbeitet keine einzige Frau.21 Wohl aber, und das ist bisher kaum beachtet worden, spielen Frauen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die foto- grafische Logistik unter den Bedingungen des Krie- ges aufrechtzuerhalten. In einigen Fällen führen sie die Fotounternehmen weiter, während die Männer als Soldaten oder als Kriegsfotografen an der Front sind. Ein Beispiel dafür ist Anna Perscheid, geb. 1895, die Frau des Wiener Fotografen Josef Perscheid, der auch Inhaber der Fotoagentur „Welt-Preß-Photo“ ist. Sie ist ebenfalls ausgebildete Fotografin. Da ihr Mann als Kriegsfotograf viel unterwegs ist, übernimmt sie ab September 1916 die Leitung der Fotoagentur, die in der eigenen Wohnung, in der Paracelsusgasse 6, Wien 3, untergebracht ist.22 Der Propagandakrieg in der Praxis Die offiziellen Kriegsfotografen arbeiten in der Re- gel mit teuren Plattenkameras (meist mit Stativ). Als Negativmaterial verwenden sie Gelatinetrockenplatten im Format 13 × 18 oder 9 × 12 cm, die sie zumeist schon vor Ort selbst entwickeln. Den Nachschub an Platten besorgt die Militärverwaltung über Kurierdienste. Die Ausrüstung ist – infolge der großen Apparate und der schweren Glasplatten – oft recht unhandlich und im Gelände mühsam zu transportieren. Einige der Pres- sefotografen sind daher zusätzlich oder ersatzweise noch mit leichteren Rollfilmkameras ausgerüstet. Die fotografische Ausbeute der Kriegsfotografen ist, je nach Einsatzort und Arbeitsbedingungen, sehr unter- schiedlich. Monatlich schicken die einzelnen Fotogra- fen zwischen weniger als einem Dutzend und 50 bis 60 Aufnahmen nach Wien. Gelegentlich sind es aber auch weit über 100 Bilder. Wenn die Ausbeute gering bleibt, übt das KPQ auch Druck aus. „Wenn in Hin- kunft nicht von jedem Einzelnen alle 14 Tage irgend ein Produkt seines Schaffens (...) einläuft, wird das Ar- meeoberkommando dies als Beweis der Unfähigkeit zu der beabsichtigten Verwendung ansehen und dessen Einrückung zum Landsturmdienste mit der Waffe ver- fügen“, heißt es in einem Befehl vom 19. Juli 1915.23 Die Bilder werden im Kriegspressequartier in Wien für die Propaganda aufbereitet. Zuständig dafür ist die im Kriegspressequartier eingerichtete Licht- bildstelle. Hier werden die Fotos gesammelt, zensiert, teilweise neu beschriftet und für verschiedenste Zwe- cke eingesetzt. Hauptabnehmer für die Fotos ist die illustrierte Presse, die im Laufe des Krieges immer mehr fotografisches Bildmaterial einsetzt. Die Licht- Abb. 6  Der  Kriegsfotograf  Julius  von  Jelfy  nach  einem  Besuch  im  Armeehauptquartier.  Er  hat  auf  dem  Rücksitz  des  Automobils  Platz  genommen  und  ist  in  der  Zeitung  mit  einem  Kreuz  (auf  dem  rechten  Ober- arm)  kenntlich  gemacht.  Das interessante Blatt,  28.  Januar  1915,  S.  2.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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