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146 Im Schatten der Konzerne · Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit
1920er Jahren heftigen ökonomischen Erschütterun-
gen ausgesetzt ist. Mehrmals ändern sich nach dem
Krieg die Eigentümerverhältnisse. Die Fäden ziehen
dabei keineswegs Redakteure und Herausgeber, son-
dern Finanzspekulanten, die die Zeit der Inflation und
der ökonomischen Unsicherheit nutzen, um innerhalb
weniger Jahre Firmenimperien zusammenzukaufen.
Auch wenn oberflächlich gesehen in der Welt der
Illustrierten nach 1918 vieles beim Alten bleibt, ver-
ändern sich die ökonomischen und politischen Rah-
menbedingungen, innerhalb derer die illustrierte
Presse agiert, grundlegend. Durch Übernahmen und
Fusionen kommt es zu einem ökonomischen Konzen-
trationsprozess, der dazu führt, dass zahlreiche Ein-
zelunternehmen von Konzernen geschluckt werden.
Diese Tendenz hat schon kurz vor dem Ersten Welt-
krieg begonnen und setzt sich in den 1920er Jahren verstärkt fort. Während der Inflationszeit kommt eine
Reihe von Betrieben in wirtschaftliche Schwierigkei-
ten, einige von ihnen werden daraufhin in größere
Unternehmen eingegliedert, andere liquidiert. Nicht
nur innerhalb Österreichs ist dieser Konzentrations-
prozess zu beobachten. Das Verlagsgeschäft internati-
onalisiert sich zunehmend. Sichtbares Zeichen dafür
ist zum Beispiel die Österreich-Präsenz, die der Ber-
liner Ullstein-Konzern, 1929 Europas größter Medien-
konzern, in den 1920er Jahren aufbaut. Ullstein steigt
zwischen 1924 und 1926 beim krisengeschüttelten
österreichischen Druckhaus Waldheim-Eberle ein und
sichert sich die Aktienmehrheit.2 Das deutsche Ver-
lagshaus verfügt für seine Zeitungen und Zeitschrif-
ten außerdem über einen eigenen Österreich-Vertrieb.
Im Bereich der großen illustrierten Wochenzeitun-
gen gibt es – zumindest in den 1920er Jahren – nur
wenig Konkurrenz. Die beiden Marktführer, Das
interessante Blatt und die Wiener Bilder, erscheinen
wie vor dem Krieg im gleichen Verlag. Die Folge ist,
dass beide Zeitungen lange Zeit einen defensiv-be-
Abb. 1 Das interessante Blatt
ist – neben den Wiener Bildern
– auch
nach 1918
die führende
österreichische Wochenillust-
rierte. Das interessante Blatt,
24.
Februar 1921, Titelseite.
Abb. 2 „Nie wieder
Krieg!“-
Kundgebung vor dem Wiener
Rathaus zehn Jahre nach
dem
Beginn des Ersten Weltkriegs.
Rede des
Anführers der
Sozialdemokraten, Otto Bauer.
Wiener Bilder,
3.
August 1924,
Titelseite.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Subtitle
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Author
- Anton Holzer
- Publisher
- Primus Verlag
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Size
- 23.0 x 29.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Category
- Medien
Table of contents
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang