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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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154 Im Schatten der Konzerne · Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit erster Linie als ein hauptsächlich gegen rechts ge- richtetes Instrument.44 Aber ein wenig dient das Blatt wohl auch dazu, die Hegemonie der Sozialde- mokratie innerhalb der Linken abzusichern und die linke publizistische Konkurrenz obsolet zu ma- chen. Der große Anfangserfolg gibt ihm recht. Die stark beworbenen ersten Nummern erreichen eine Auflage von über 120 000 Exemplaren, weit mehr, als die bürgerlichen Konkurrenzzeitungen zu die- ser Zeit verkaufen. Dann geht die durchschnittliche Auflage zurück, Ende 1929 liegt sie bei 56 000, 1930 bei 44 500, 1931 bei 33 600 und 1932 bei 29 000.45 Im Frühjahr 1929, wohl nicht zufällig kurz nachdem der Kuckuck die publizistische Bühne betreten hat, stellt die AIZ ihre Österreich-Beilage wieder ein. Ihre Wien-Redaktion aber erhält sie aufrecht.46 Gelegent- lich werden nun Österreich-Berichte in die deutsche Ausgabe eingefügt. Eines der Verdienste des Kuckuck ist es, die Mon- tage als politisches Propagandamittel in die illus- trierte österreichische Presse eingeführt zu haben. Zwar gibt es auch frühere Beispiele für Fotomonta- gen in der illustrierten Presse, teilweise reichen sie bis weit vor den Ersten Weltkrieg zurück, aber erst im Kuckuck wird daraus ein explizit politisch-äs- thetisches Programm.47 Während im Innenteil die Seitengestaltung oft noch recht konventionell ist, heben sich die Bildseiten und vor allem die ausdrucksstarken Fotomontagen deutlich von der herkömmlichen österreichischen Bildpublizistik ab. Treibende Kraft hinter dieser grafischen Innovation ist der Chefredakteur Siegfried Weyr. Er ist 1890 in Galizien geboren und kommt als Jugendlicher nach Wien, wo er 1909 bis 1911 die k. k. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt besucht und anschließend eine Malerausbildung an der Akademie der bildenden Künste absolviert. Parallel dazu studiert er für einige Zeit auch Kunstgeschichte an der Universität Wien. Vor dem Ersten Weltkrieg beginnt er als Journalist zu arbeiten, u. a. für den Wiener Mittag. Seit 1924 arbei- tet er zunächst als Redakteur und Bildredakteur bei Bettauers Wochenschrift, dann als Umbruchredakteur bei der juristischen Wochenzeitung Das Tribunal und ab 1927 für das sozialdemokratische Kleine Blatt.48 Weyr ist es, der im Auftrag Braunthals das Kon- zept des Kuckuck entwirft und seine grafische Linie zwischen 1929 und 1934 maßgeblich bestimmt. Zahl- reiche Fotomontagen stammen aus seiner Hand (Abb. 9), viele andere von Alexander Stern und Arthur Stadler, weiteren engen Mitarbeitern des Blattes. Weyr ist es aber auch, der zahlreiche moderne und innovative Fotografen an die Zeitung bindet. Er bietet nicht nur den sogenannten Arbeiterfotografen (etwa Hans Cechal, Willy Riethof, Friedrich Zvacek, Ferdi- nand Hodek)49 ein Forum, sondern veröffentlicht auch Arbeiten anderer bekannter österreichischer Fo- tografen, u. a. von Lothar Rübelt, Annie Schulz, Fred Cesˇanek, Edith Suschitzky, Leo Ernst, Albert Hilscher, Hans Popper, Martin Gerlach, Nikolaus Schwarz und Hans Casparius. Einen guten Teil des Bildmaterials bezieht der Kuckuck von Fotoagenturen. Neben den herkömmlichen Lieferanten wählt er auch gelegent- lich Bilder der deutschen Fotoagentur Dephot (u. a. Abb. 9  „Hakenkreuz  ist  Mord!  Keine  Stimme  den  National-  sozialisten!“  Politische  Montage  von  Siegfried  Weyr  vor  der  letz- ten  Nationalratswahl  der  Ersten  Republik  am  9.  November  1930.  Der Kuckuck,  26.  Oktober  1930,  S.  4.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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