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182 Bilder für alle · Die Welt der Magazine und Revuen
Ende der 1920er Jahre öffnet sich die Zeitschrift,
ähnlich wie die Bühne, für einige Jahre den moder-
nen Fotografen, ohne allerdings die Traditionalisten
ganz zu verscheuchen. Um 1930 werden zunehmend
gemäßigt moderne Aufnahmen von Fotoamateuren
vorgestellt, die – zumindest teilweise – die Anregun-
gen der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens
aufgenommen haben. Zu ihnen gehören u. a. Nikolaus
Schwarz, Karl Wechsler (Abb. 17), Desider Freiwirth
(Abb. 18), Willy Riethof, Willy Eggarter, Kurt Husnik,
Martin Imboden und Ernst Kleinberg. Zur gemäßigt
modernen Richtung, die im Wiener Magazin präsen-
tiert wird, zählen auch einige Lichtbildner, die der
Wiener Arbeiterfotografiebewegung nahestehen, etwa
Ferdinand Hodek, Josef Schramek oder Otto Dobro-
wolny.25
In den 1930er Jahren veröffentlicht das Wiener Ma-
gazin häufig Fotobeispiele ausländischer Fotografen.
Während die Redaktion der Bühne ihre Kontakte sehr
stark in Richtung Tschechoslowakei ausbaut, orien-
tiert sich die Redaktion des Wiener Magazins – neben
Deutschland – stärker nach Ungarn. Berücksichtigt
werden vor allem Arbeiten von Fotoamateuren, die
eine gemäßigt moderne Linie vertreten, etwa piktori- alistische Elemente mit moderner Landschafts- und
Sachfotografie verbinden. In der ungarischen Fotoge-
schichte wird diese Richtung als „ungarischer Stil“
bezeichnet. 1931 werden erstmals Sachfotografien
von Tibor Hegyei vorgestellt.26 1932 fotografiert die-
ser das Wiener Riesenrad in der Abenddämmerung,
das Foto wird auf einer eindrucksvollen Doppelseite
präsentiert (Abb. 19). Die verwischten Konturen, die
den vertrauten Anblick verfremden, sind typisch für
seine Arbeiten. Ab 1933/34 häufen sich ungarische
Fotobeispiele im Wiener Magazin. Präsentiert werden
Lichtbildner wie Zoltan Vidor, Ernö Kreisler, Ferenc
Tschik (auch Csík), Jenö Dulovits, Kálmán Szöllo˝sy,
Erno˝ Vadas oder Tibor Csörgeo˝. Ihre bevorzugten The-
men, Genreaufnahmen, romantische Landschaften,
viele von ihnen sind in den österreichischen Bergen
aufgenommen, passen gut in die zunehmend kon-
servativer werdende Grundstimmung, die auch das
Wiener Magazin widerspiegelt.
Eine zentrale Rolle bei der Vermittlung ungari-
scher Fotoamateure im Ausland spielt die von Kálmán
Szöllo˝sy Anfang der 1930er Jahre gegründete Einrich-
tung „Ill-Pho“. Ihre Aufgabe ist es, die Fotoarbeiten
ungarischer Fotoamateure im Ausland zu vertreten,
Abb. 16 „Angst“. Lichtmon-
tage des Berliner Fotografen
Heinz Hajek-Halke. Wiener
Magazin, Heft 3, März 1928,
S.
38.
Abb. 17 „Der Steuermann,
durch ein Glasfenster gesehen
samt dem Spiegelbild des
Fotografen“. Wiener Magazin,
Heft 12,
Dezember 1930, S.
49.
Foto: Karl Wechsler.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Subtitle
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Author
- Anton Holzer
- Publisher
- Primus Verlag
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Size
- 23.0 x 29.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Category
- Medien
Table of contents
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang