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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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242 Handel mit Bildern · Die Rolle der Fotoagenturen Zeitungen und Zeitschriften. Mattersdorf überträgt ihrem Sohn (der bald wieder aus dem Betrieb aus- steigt) und ihrem Neffen Robert Schostal diesen Teil des Geschäfts. Die Finanzierung der Agentur streckt der Vater Schostals, Oscar Schostal, vor. Inhaber und Leiter ist Robert Schostal. Auch sein Bruder Walter, geb. 1908, arbeitet seit Ende der 1920er Jahre neben seinem Studium in der Agentur mit. Im Oktober 1926 meldet Robert Schostal das Ge- werbe für den Handel mit fotografischen Bildern an. Ab diesem Zeitpunkt ist der Sitz der Agentur die Wohnung der Familie Schostal in der Starhem- berggasse 26 im 4. Wiener Gemeindebezirk. In den ersten Jahren trägt das Unternehmen den Namen „Wiener Photo-Kurier“, ab Anfang 1934 erscheinen die Bilder in der Presse unter dem Namen „Schostal“. Anfänglich werden die Fotos aus dem Archiv von Jenni Mattersburg angeboten, ab 1928 vermarktet Schostal zusätzliche Bilder. Sie stammen nicht aus dem ei- genen Betrieb – Robert Schostal selbst ist kein Pres- sefotograf –, sondern aus einer Kooperation mit der europaweit agierenden Fotoagentur Keystone, die Fi- lialen in Paris, London und Berlin unterhält. Schostal übernimmt die Österreich-Repräsentanz von Key- stone, was ihm ein monatliches Fixum garantiert.38 Gestützt durch diese internationale Zusammenarbeit, expandiert das Unternehmen rasch.39 1933 eröffnet Walter Schostal eine Filiale in Paris40, etwa zu dieser Zeit baut Oscar Schwartz, ein ehemaliger Mitschü- ler Robert Schostals, eine Filiale in Mailand auf.41 In Stockholm arbeitet man ab Mitte der 1930er Jahre mit einer Agentur vor Ort, Världen i Bild, zusammen, auch in Berlin und Warschau hat Schostal in den spä- ten 1930er Jahren eine Vertretung. Zwischen 1934 und 1938 beschäftigt das Unternehmen bis zu zehn Mitarbeiter.42 Während die klassischen Fotoagenturen vor allem aktuelle Nachrichtenbilder anbieten, hat Schostal schwerpunktmäßig nicht aktuelle Fotos im Pro- gramm. In einer Anzeige aus dem Jahr 1934 stellt sich das Unternehmen folgendermaßen vor: „Wiener Repräsentanz von Keystone View Co. sowie der füh- renden Photographen Europas/Aktualitäten aus allen Teilen der Welt, Künstlerische Genre-Bilder, Mode / Archivbestand derzeit über 500 000 Photos. Eigene Filialen in Paris und Mailand.“43 Bemerkenswert an dieser selbstbewussten Selbstdarstellung ist zweier- lei. Zunächst überrascht die Größe des Fotoarchivs, die wohl nur dadurch zu erklären ist, dass das um- fassende Angebot von Keystone (das sicher nicht zur Gänze in Wien zugänglich ist) mit angeführt wird. Interessant ist aber auch der Hinweis auf die „künst- lerischen Genrebilder“, die die Agentur im Programm hat. Denn mit diesen erwirtschaftet das Unternehmen in den 1930er Jahren einen Gutteil der Einnahmen. Schostal setzt nämlich auf ein teilweise neues Geschäftsmodell. Er verkauft zwar, wie andere Agen- turen auch, aktuelle Pressebilder. Sein Schwerpunkt liegt aber in einem anderen Bereich. Er bietet renom- mierten Fotografinnen und Fotografen, die bisher nicht oder kaum im Pressegeschäft tätig waren, an, ihre Arbeiten exklusiv durch seine Agentur zu vertre- ten und an die in- und ausländische Presse zu vermit- teln. Die Fotografen profitieren vom Zusatzeinkom- men und der öffentlichen Präsenz, die ihnen Ansehen verschafft. Umgekehrt liegen auch die Vorteile für Schostal auf der Hand. Die illustren Fotografennamen heben das Image der Agentur, zudem ist diese an den Einnahmen beteiligt. Diese Marktstrategie, sich vom Gros der herkömmlichen Pressefotografie deutlich ab- zuheben, dürfte wohl auf die Anregungen der inno- vativen deutschen Fotoagenturen wie Weltrundschau oder Dephot zurückgehen. Allerdings geht Schostal nie so weit, mit fest angestellten Pressefotografen zu arbeiten und fertige Reportagen anzubieten. Stattdes- sen etabliert er sich eher als Händler, der die Presse mit qualitativ hochwertigen Aufnahmen versorgt. Eine der ersten Fotografinnen, die Schostal ver- tritt, ist die bekannte Wiener Atelierfotografin Trude Fleischmann. Zwar ist sie mit ihren Fotoarbeiten schon seit den frühen 1920er Jahren in der Presse präsent. Aber erst ab Ende der 1920er Jahre, als sie die Vertretung ihres Werks an den Wiener Photo- Kurier (später Schostal) überträgt, nimmt die Zahl ih- rer Veröffentlichungen deutlich zu.44 Über die Agen- tur vertreibt sie nicht nur ihre Atelierbilder, sondern zunehmend auch ihre Reisebilder und Heimatmoti- ve (Abb.  5). Auch Dora Kallmus, die Inhaberin des Ateliers d’Ora, die seit 1927 in Paris tätig ist, wird von Schostal vertreten, ebenso das Wiener Atelier Abb.  5  Trude  Fleischmann  ist  eine  der  prominentesten  Wiener  Fotografinnen,  die  die  Foto-  agentur  Wiener  Photo-Kurier  (später  Schostal)  ab  Ende  der  1920er  Jahre  vertritt.  Über  die  Agentur  vermarktet  sie  nicht  nur  ihre  Porträts,  sondern  auch  die  Reisebilder  und  Heimatmo- tive.  Wiener Magazin,  Heft  9,  September  1930,  S.  28/29. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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