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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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315Politische Wende Jahren für die großen Wiener Modehäuser Zwieback oder Farnhammer und später, nachdem sie ihr Ate- lier nach Paris verlegt hat, für internationale Par- fum-, Mode- und Textilfirmen (etwa Drecoll) arbeitet und diese Firmen im Bildtext auch genannt sind, lässt sich die Auftragsarbeit, auch wenn sie meist nicht als Anzeige gekennzeichnet ist, leicht als sol- che identifizieren. Oft aber werden die Grenzen be- wusst verwischt. Vor der Kamera posieren berühmte Schauspielerinnen, eingekleidet sind sie von einem Modehaus, präsentiert werden sie aber nicht als Pro- tagonistinnen einer Werbeeinschaltung, sondern als Bühnenstars. Eine solche verschleierte Werbung er- höht die Aufmerksamkeit für die Bilder und fördert damit die Auflage der Illustrierten. Sie erleichtert die Bewerbung der Modekollektionen und steigert auch das Renommee des Fotografen, dem es gelingt, statt anonymer Fotomodelle die Stars des kulturellen Lebens vor die Kamera zu holen. Immer wieder ent- stehen so Werbeaufnahmen, die in der Öffentlichkeit als Schauspielerporträts oder als zur Saison passen- de Genrebilder (Abb.  12) wahrgenommen werden, in Wahrheit aber versteckte Anzeigen sind. Die Modefotografie der Zwischenkriegszeit ist auf- fallend stark in der Hand von Frauen. Während in anderen Bereichen der Fotografie, etwa in der klassi- schen Pressefotografie, aber auch in der Produkt- und Industriefotografie die männliche Dominanz ungebro- chen ist, wird das Segment „Mode“ nach 1918 ger- ne als „weiblich“ deklariert. Das ist kein Zufall. Die starke Präsenz von Frauen in einigen Bereichen der Fotografie hat, zumindest teilweise, mit den Folgen des Krieges und den damit einhergehenden Erschüt- terungen der traditionellen Rollenbilder zu tun, die, wie wir bereits gesehen haben, auch in anderen Be- reichen der Fotografie, etwa in der Porträtfotografie, spürbar werden. Es gibt aber noch weitere Gründe für die starke Präsenz von Fotografinnen im Modebereich. Frauen- themen nehmen in der Berichterstattung der illust- rierten Journale in der Zwischenkriegszeit generell stark zu, der Anteil der Leserinnen ebenso. Aber auch in Blättern, die traditionell kein weibliches Pu- blikum adressieren, etwa in Sportzeitungen, tauchen um 1930 Modeberichte auf. Neben dem Sport ist die Mode ein besonders beliebtes Thema im öffentlichen Diskurs. Sie verlässt in den 1920er Jahren zuneh- mend die Ratgeberrubrik der klassischen Frauenzeit- schriften (in denen freilich weiterhin Ratgebertexte zu Modefragen, aber auch Schnittmuster angeboten werden) und bewegt sich in Richtung gehobener So- ciety-Berichterstattung. Schließlich ist auch die Rolle von Frauen als Mo- deredakteurinnen in der illustrierten Presse nicht zu unterschätzen. Einige von ihnen setzen in der Zwi- schenkriegszeit neue Maßstäbe in der Berichterstat- tung und engagieren für Modeaufträge bevorzugt jun- ge, talentierte Fotografinnen. Zu ihnen gehört Grete Oberländer, die seit den 1920er Jahren in den Wiener Bildern die Rubrik „Was in Wien modern ist“ betreut und zugleich für die Modeberichterstattung zustän- dig ist. Oberländer kommt aus der Kunstgewerbebe- wegung und verfolgt in der Mode und der Fotografie eine gemäßigt moderne Richtung. Ähnlich einfluss- reich ist Grete Müller, die nach dem Ersten Weltkrieg für die Modeberichterstattung der Zeitschrift Wiener Mode zuständig ist und seit 1925 die Moderubrik der Zeitschrift Die Bühne leitet. Auch Claire Patek ist eine wichtige Moderedakteurin der Zwischenkriegs- zeit. Sie leitet vor dem Ersten Weltkrieg die Rubrik „Aus der Gesellschaft“ im liberalen Neuen Wiener Journal. Seit den 1920er Jahren berichtet sie als freie Journalistin für österreichische, deutsche und tschechische Blätter über Mode- und Gesellschafts- themen, insbesondere für das Prager Tagblatt und die Münchner Illustrierte Presse. Ab 1929 redigiert sie eine Moderubrik in der Zeitschrift Bergland. Patek fotografiert selbst gelegentlich, ab Anfang der 1930er Jahre arbeitet sie zeitweise mit der Fotografin Helene Zimmerauer zusammen und beliefert die Presse kurz- zeitig mit Modeaufnahmen.20 Wichtiger aber ist sie als Vermittlerin von Fotoaufträgen an junge Wiener Fotografinnen. Politische  Wende Der Aufstieg der austrofaschistischen Diktatur (ab 1933/34) hat die österreichische Modefotografie zwar weniger tangiert, als vielleicht zu erwarten wäre. Das konservative Weltbild, das Staat und Gesellschaft
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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