Page - 321 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

321Der Star unter den Sportfotografen: Lothar Rübelt mit seiner Kamera ins Bild. Vielmehr zeigt er sich in der Pose des Rennfahrers und Motorsportlers – mit geschlossener Lederjacke und Sportbrille. Schon früh führt Lothar Rübelt eine neue, mo- derne Ästhetik in die Sportfotografie ein. Vor allem in seinen Fußballfotos gelingt es ihm, faszinierende Momentaufnahmen aus dem oft unübersichtlichen Gesamtgeschehen herauszulösen. Er sucht mit sei- ner Kamera nicht den distanzierten Überblick, nie nimmt er das Spielfeld als Ganzes in den Blick. Viel- mehr rückt er nahe an die Szenen und die Spieler heran. Er hält bewegte Szenen fest: entscheidende Zweikämpfe, Torschüsse, Tore (Abb.    5). Gelegentlich positioniert er seinen Apparat unmittelbar auf der Torlinie, um die entscheidenden Augenblicke vor dem Tor, die Momente zwischen Sieg und Niederlage, in dramatischen Ausschnitten festzuhalten. Mit seinen lichtstarken Kameras und extrem kurzen Verschlusszeiten gelingt es dem Fotografen, auch schnell bewegte Sportszenen auf lebendige Wei- se festzuhalten. Rübelt arbeitet in den 1920er Jah- ren zunächst mit einer leichten, relativ handlichen Klappkamera (9 × 12 cm). Ab Mitte des Jahrzehnts verwendet er, wie berichtet, die Ermanox, eine klein- formatige Glasplattenkamera der Dresdner Firma Ernemann.7 Diese ist mit einem lichtstarken Ernostar- Objektiv (1 : 1,8) ausgestattet. 1929 verwendet er pa- rallel dazu die ebenfalls kleinformatige Leica, mit der er bewegten Sportereignissen noch besser folgen kann.8 Der Rollfilm mit 36 Negativen im Kleinbildfor- mat ermöglicht es ihm, zahlreiche Bilder unmittelbar hintereinander zu belichten, ohne umständlich die Platten wechseln zu müssen. Nun entstehen Serien, Geschichten in Bildern. Rübelt fotografiert nicht nur Fußball, sondern auch zahlreiche andere Sportarten, vom Boxkampf über den Ski-, Wasser- und Autosport (Abb.  6), Eis- lauf und Tennis bis hin zur Leichtathletik (Abb.  7), mit der er in den Monaten nach dem Ersten Weltkrieg begonnen hatte. Ab Mitte der 1920er Jahre erweitert der Fotograf sein Repertoire um gesellschaftliche und politische Themen.9 Rübelt ist ein Profi in der Vermarktung der Bilder. Schon früh versteht er, dass Geschwindigkeit im Ver- Abb.  6  Der  Sieger  des  Semmering-Rennens,  Hans  von  Stuck,  im  Austro  Daimler.  Moderne Welt,  Heft  1,  1929,  S.  14.  Foto:  Lothar  Rübelt.