Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Page - 329 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 329 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

Image of the Page - 329 -

Image of the Page - 329 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

Text of the Page - 329 -

329Turbulente Zeiten machen deutlich, wie sehr der Fußballsport auch ein gesellschaftspolitisches Ereignis ist. Das auf dem Spielfeld ausgefochtene Match ist oft auch ein Kata- lysator für weit darüber hinausgehende Stimmungen. Im Massensport Fußball können sich aufgestaute Ressentiments entladen und patriotische Gefühle formen. Im vorliegenden Fall wird die alte österrei- chisch-ungarische Rivalität, eine Art Hassliebe, auf dem Spielfeld ausagiert. Nur wenige Monate nach diesem denkwürdigen Länderkampf beginnt der Erste Weltkrieg. Plötzlich ist die Situation eine völlig andere. Die bisherigen Rivalen auf dem sportlichen Feld – Österreich und Ungarn – stehen nun vereint auf der gleichen Seite. Ihnen gegenüber: ein äußerer Feind. Eine Woche nach Kriegsbeginn wird das Illustrierte österreichische Sportblatt vorübergehend eingestellt. Am 6. August 1914 bringt die Redaktion folgende Mitteilung auf der Umschlagseite (Abb.  15): „An die geehrten Leser! Die durch die Weltereignisse bedingte Absage sämtlicher sportlicher Veranstaltungen in Österreich veranlaßt uns, das Erscheinen des ‚Illustr. österr. Sportblatt‘ für die Dauer der kriegerischen Verwicklungen einzustel- len. Das Wiedererscheinen unseres Blattes werden wir den geehrten Lesern rechtzeitig bekanntgeben. Die Redaktion.“16 Bereits wenige Wochen später, am 12. September 1914, erscheint das Blatt wieder. Denn, so der Chef- redakteur Franz Gerl in seinem Editorial, der Fuß- ballsport dient „als militärische Vorbereitung für den Krieg“.17 Eine Rubrik unter dem Titel „Von unseren Soldaten“ wird eingerichtet, ebenso werden die Leser aufgefordert, fotografische Ansichten vom Schlachtfeld einzuschicken. Normalität stellt sich freilich nicht ein. Immer häufiger finden sich in den nächsten Monaten Berichte über gefallene oder verwundete Fußballer. Im Laufe des Krieges kommt es zu einer gewissen Umschichtung in der Sportberichterstattung. Da nun zahlreiche Presse- und Sportfotografen von der Front berichten, sind gute, aktuelle Sportaufnahmen rar. Immer wieder greifen die Redakteure der Sportzei- tungen daher notgedrungen selbst zur Kamera. Sogar Franz Gerl, der Chefredakteur des Illustrierten öster- reichischen Sportblatts, liefert hin und wieder eigene Bilder. Ein Teil der publizierten Aufnahmen stammt von Amateuren. Einige der Fotografen, die nicht ein- rücken müssen, arbeiten nun enger mit der Redak- tion zusammen. Unter ihnen ist Felix Schmal. Der Amateur, der sich nach 1900 im Umkreis der kunstfo- tografischen Richtung bewegt hat, wird während des Krieges zum eifrigen Sportfotografen. Er widmet sich vor allem dem Fußball und dem Skisport und schreibt gelegentlich selbst Artikel. Auch Victor Brodt, geb. 1878, der in der Presse unter dem Kürzel „Vibro“ fir- miert, avanciert während des Krieges zum gefragten Sportfotografen. Seine ersten Aufnahmen für das Il- lustrierte österreichische Sportblatt erscheinen zwar schon 1911, aber während des Krieges nimmt seine fotografische Tätigkeit deutlich zu. Schließlich tritt er sogar in die Redaktion der Zeitung ein. Nach dem Ersten Weltkrieg bricht eine neue Ära des Massensports an. Das Interesse am Sport, insbesondere am Fußballsport, steigt in der Zwi- schenkriegszeit sehr stark an. Unmittelbar nach Kriegsende haben es die Sportfotografen schwer. Die Zeitungen sind dünn, Papier ist Mangelware, die Papierqualität ist schlecht. Dazu kommt Anfang der 1920er Jahre die hohe Inflation, die, wie berichtet, zahlreichen Zeitungsunternehmen zu schaffen macht. Erst ab etwa 1923 normalisiert sich die Lage im Pres- sesektor wieder. Ab Mitte der 1920er Jahre werden Abb.  15  „Die  durch  die  Welt-  ereignisse  bedingte  Absage  ...“  Einstellung  des  Illustrierten österreichischen Sportblatts  am  Beginn  des  Ersten  Weltkrieges.  Illustriertes österreichisches Sportblatt,  6.  August  1914,  Titelseite.
back to the  book Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945"
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.