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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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340 Frauen hinter der Kamera · Die neuen Fotografinnen Bemerkenswert ist diese Fotoausstellung, weil in ihr ausschließlich die Arbeiten von Fotografinnen gezeigt werden. Auch die Porträtierten sind ohne Ausnahme Frauen. Die Präsentation zeigt das Bemü- hen der „neuen Fotografinnen“, sich selbstbewusst in der Welt der Männer zu behaupten. Zu sehen sind Fotoporträts österreichischer Pionierinnen aus allen Berufsfeldern und Beispiele ihrer wissenschaftli- chen Publikationen. Neben den Vorkämpferinnen für Frauenrechte Marianne Hainisch und Rosa Mayreder sind erfolgreiche Frauen aus den unterschiedlichs- ten Bereichen vertreten: von Geisteswissenschaft- lerinnen, Künstlerinnen, Ärztinnen, Naturwissen- schaftlerinnen, Schriftstellerinnen, Journalistinnen, Juristinnen und Politikerinnen bis hin zu Schauspie- lerinnen, Tänzerinnen, Musikerinnen, Kritikerinnen und Sportlerinnen.16 Die Fotokuratorin der Ausstellung, Grete Kolliner, gehört – neben Pepa Feldscharek (Abb.  10), Trude Gei- ringer, Dora Horovitz, Lotte Meitner, Edith Glogau und Trude Fleischmann, die alle mit Fotoarbeiten in der Schau vertreten sind – zu den bekanntesten österreichischen Atelierfotografinnen der Zwischen- kriegszeit. Als sie 1917 in Wien ein Atelier eröffnet, ist Kolliner 24 Jahre alt. In den 1920er Jahren gründet sie ein weiteres Studio in Rom. Sie spezialisiert sich neben dem Porträt auf Theater-, Tanz- und Aktfoto- grafie. Kolliner ist eine weltoffene, engagierte Frau und hat Kontakt zur Pädagogin und Frauenrechtlerin Eugenie Schwarzwald17 sowie zur österreichischen Werkbundbewegung. Zusammen mit anderen Licht- bildnern ist sie als Repräsentantin der modernen Fotografie auf der wichtigen Ausstellung des Werk- bundes „Film und Foto“, vertreten, die 1930 in Wien gezeigt wird.18 Im Zentrum der Schau „Die schaffende Österrei- cherin“ ist eine Fotoarbeit von Trude Fleischmann zu sehen: eine eindrucksvolle Studie der Wiener Pä- dagogin und Frauenrechtlerin Marianne Hainisch. Das Porträt, das auch in der illustrierten Presse veröffentlicht wird (Abb.  11), zeigt die fotografische Handschrift Trude Fleischmanns deutlich. Man könn- te ihren fotografischen Stil als gemäßigt modern be- zeichnen. Die Fotografin setzt sich, ebenso wie viele ihrer Kolleginnen, ab Anfang der 1920er Jahre von der idealisierenden, weichzeichnenden Tradition der Kunstfotografie, dem Piktorialismus, ab, die in der Zwischenkriegszeit bei einigen künstlerisch ambitionierten Porträtfotografen Wiens teilweise noch verbreitet ist. Sie rückt mit ihrer Kamera nahe an das Modell heran. Immer wieder wählt sie enge Ausschnitte (oft beschneidet sie die Bilder auch), um Charakter und Körperhaltung einer Persönlichkeit noch stärker zu betonen. Als Hintergrund wählt sie neutrale schwarze oder weiße Flächen; ihr geht es darum, das Wesentliche, die Züge des Gesichts, die visuelle Präsenz der Porträtierten, herauszuarbeiten. Ihre Bilder sind aufmerksame Körperstudien und zu- gleich psychologische Momentaufnahmen. Die Organisatorinnen der Ausstellung zeichnen Anfang der 1930er Jahre noch ein optimistisches Zukunftsszenario. Aber schon wenige Jahre später, im austrofaschistischen „Ständestaat“, ist die politi- sche Situation eine ganz andere. Die Diktatur macht demokratisches politisches Engagement unmöglich. Ein konservativer Schub erfasst die österreichische Gesellschaft. Die urbane, moderne Ästhetik, die um 1930 eine kurze Blüte erlebt hat, wird immer stärker durch patriotische, oft heimattümelnde Sujets ersetzt. Abb.  11  Die  Pädagogin  und  Frauenrechtlerin  Marianne  Hainisch.  Die Bühne,  Zweites  Augustheft  1931,  S.  44.  Foto:  Trude  Fleischmann. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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