Page - 384 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

384 Fotografisches Feuilleton · „Der Sonntag“: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie nie ohne ein gewisses Unbehagen (als wären wir alle mit verantwortlich) an das Los des Bergmanns den- ken, der eben den besten Teil seines Lebens ‚unter Tag‘ verbringen muß. Harte Arbeit leistet nicht er al- lein, aber der Beruf des Bergmanns in der Kohlengru- be hat nicht nur seine besonderen Mühen, sondern auch noch seine besonderen Gefahren. Der Mensch, der diesem Beruf dient, wird von ihm ganz anders er- faßt, umgeformt, gezeichnet als ein Industriearbeiter einer beliebigen anderen Kategorie.“20 Die Fotografien unterstützen diesen Befund. Sie zeigen von der Arbeit gezeichnete Körper und Gesich- ter. Oplatka geht es in seiner Reportage nicht um eine technische Dokumentation, sondern um eine subtile- re Recherche: Er hält mit seiner Kamera die Spuren der Arbeit in den Haltungen und Gesten der Men- schen fest. „Es wäre natürlich verfehlt“, so heißt es in dem Text weiter, „zu glauben, daß in Zeiten normaler Wirtschaftsverhältnisse der Beruf des Bergmanns sich aus lauter Not und Tragik zusammensetze; aber Abb.  2,  3  Fotoreportage  von  Hans  Oplatka  über  das  Leben  in  einem  niederösterreichi- schen  Bergwerk.  Der Sonntag,  1.  Juli  1935,  Titelseite,  S.  4  und  5.